Burkiner begehren gegen Compaoré auf
Eine umstrittene Verfassungsänderung soll Burkina Fasos Präsident zusätzliche 15 Jahre an der Macht schenken
Die Friedhofsruhe in Burkina Faso ist vorbei. Anlass für die Unruhen auf den Straßen ist nicht etwa der erste Fall von Ebola - die Seuche hat den westafrikanischen Staat bislang verschont. Vielmehr sorgt ein Gesetzesvorhaben für Aufruhr. Ein außerordentlicher Ministerrat hat vorige Woche beschlossen, Artikel 37 der Verfassung zu ändern. Dieser legt fest, dass der Präsident des Landes nur einmal wiedergewählt werden darf. Für den aktuellen Amtsinhaber Blaise Compaoré würde das bedeuten, dass er bei den Wahlen in gut einem Jahr nicht mehr antreten dürfte.
Der Stein des Anstoßes ist der Beschluss des Ministerrates, mit dem der Artikel 37 jetzt so geändert werden soll, dass Compaoré wieder Kandidat sein darf. Nicht nur einmal, sondern zweimal soll ein Präsident wiederwählbar sein. Abstimmen darüber soll das Volk in einem Referendum. Compaoré selbst hatte diese Idee dem Ministerrat vorgelegt.
Allein dieser Schritt ist Kritikern und Opposition zu viel. Denn der 63-Jährige steht schon seit 27 Jahren an der Spitze von Burkina Faso. Seit sein charismatischer Vorgänger Thomas Sankara 1987 bei einem Attentat erschossen wurde, hinter dem viele Compaoré als Auftraggeber sehen, ist er selbst Staatschef. Zunächst als »Notlösung«, später mittels einer neuen Verfassung bestätigt. Als diese eine Wiederwahl 2005 nicht mehr ermöglichte, wurden die Texte geändert. Die Amtszeit wurde von zweimal sieben auf höchstens zweimal fünf Jahre verkürzt. Weil die Verfassung neu war, durfte Compaoré auch wieder antreten. Die Uhren wurden quasi auf Null gestellt.
Compaorés Gegner befürchten nun ein vergleichbares Manöver. In der Praxis könnte das seine Präsidentschaft bis 2030 verlängern. »Dann sind Compaorés Söhne alt genug, um die Dynastie fortzuführen«, so mit bitterer Ironie die oppositionsnahe Wochenzeitung »L’Evennement«. Mit Demokratie, die sich der Präsident gerne auf die Fahne schreibt, habe das nichts zu tun. Ein Wechsel an der Staatsspitze werde bewusst verhindert, um persönliche Interessen zu verfolgen.
Compaoré weist das zurück. Er selbst beruft sich auf die Verfassung, die ihm das Initiativrecht zur Verfassungsänderung einräumt. »Diese Reform geschieht nicht für mich«, sagte er am Wochenende in einem Interview mit BBC Afrika.
Compaoré weiß, dass er sich ein solches Verhalten erlauben kann. Von außen hat er wenig zu befürchten. Für westliche Mächte wie Frankreich und die USA ist er ein Stabilisator in der Region. Compaoré ist als erfolgreicher Vermittler in innerafrikanischen Konflikten geschätzt. Die Unsicherheit, wer nach ihm kommen würde, wäre groß.
Überdies fehlt es an Alternativen. Weder in Compaorés eigener Partei noch in der Opposition gibt es eine Person, die sich als natürlicher Nachfolger anbietet. Außer dem Zorn seiner Gegner steht dem Präsidenten, der bei den Wahlen immer mit über 80 Prozent der Stimmen gewählt wurde, nichts im Weg.
Trotzdem könnte die Volksbefragung ausfallen. Denn zuvor muss der Vorschlag zur Verfassungsänderung vom Parlament gebilligt werden. Sollten drei Viertel der Abgeordneten für die Änderung stimmen, wäre das Referendum nicht mehr nötig, die Neuerung sofort angenommen. Compaorés eigene Partei verfügt nicht über diese Dreiviertelmehrheit. Doch überraschend verkündete am Wochenende eine Oppositionspartei, den Vorschlag des Präsidenten zu unterstützen. Mit ihrer Hilfe wäre die Änderung beschlossen.
Sollte es bei der Abstimmung am Donnerstag tatsächlich dazu kommen, droht Gewalt. Schon am Dienstag lieferten sich vor und nach einer friedlichen Großdemonstration der Opposition in der Hauptstadt Ouagadougou Compaoré-Gegner Scharmützel mit der Polizei. Dabei flogen Steine auf Polizisten, die ihrerseits mit Tränengas gegen die vorwiegend jugendlichen Demonstranten vorgingen. Oppositionsführer Zéphirin Diabré nannte die Kundgebung einen »enormen, phänomenalen Erfolg«. Dies sei die »letzte Warnung«, damit der Präsident die geplante Verfassungsänderung zurückziehe. In Bobo-Dioulasso, der zweitgrößten Stadt des Landes, stürzten Demonstranten eine Präsidentenstatue. Noch reagieren die Ordnungskräfte gemäßigt auf diese Angriffe. Noch.
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