Washingtoner Machtbalance
Am Dienstag wurde nicht nur der Kongress gewählt
Der Kongress in Washington, das Parlament der USA, besteht aus dem Repräsentanten- oder Abgeordnetenhaus und dem Senat. Seine Aufgabe ist die Gesetzgebung sowie die Kontrolle von Präsident und Regierung. Damit hat er im Machtgefüge der Vereinigten Staaten trotz der überragenden Rolle des Weißen Hauses eine große Bedeutung. Bundesgesetze müssen von beiden Kammern gebilligt werden. Gibt es divergierende Auffassungen, wird ein Kompromiss im Vermittlungsausschuss der Häuser gesucht. Allerdings hat auch der Präsident ein Vetorecht bei Gesetzesvorlagen aus dem Kongress und kann zudem versuchen, ihn mit Hilfe von Dekreten zu umgehen.
Das Repräsentantenhaus mit 435 Sitzen wird alle zwei Jahre komplett neu gewählt. Hier dominierten seit dem Votum im Jahr 2010 die Republikaner mit 233 Abgeordneten; die Demokraten kommen derzeit auf 199. Die 50 Bundesstaaten sind in dieser Parlamentskammer gemäß ihrer Bevölkerungszahl vertreten. Im »Oberhaus« stellen sie jeweils zwei Senatoren, was auch den kleineren Staaten Einfluss sichert. Alle zwei Jahre wird etwa ein Drittel der Senatsmitglieder (dieses Mal 36) neu gewählt, und das für sechs Jahre. Die Demokratische Partei verfügt derzeit über 53 Sitze. Zudem gibt es zwei unabhängige Senatoren, die meist mit den Demokraten stimmen. Die Republikaner haben 45 Sitze. US-Senatoren verfügen bei Abstimmungen im Kongress über mehr persönliche Entscheidungsfreiheit als gemeinhin Abgeordnete in den meisten europäischen Parlamenten. Die Fraktionsdisziplin auf dem »Capitol Hill« ist deutlich schwächer ausgeprägt.
Der Kampf um den Senat gilt am Dienstag als das spannendere Rennen. In mindestens zehn Bundesstaaten wird ein knapper Ausgang erwartet, und in Alaska beginnen die Auszählungen erst am Mittwoch nach 06.00 Uhr MEZ. Wie am Ende die Konstellation genau aussehen wird, könnte unter Umständen sogar bis Anfang nächsten Jahres offen bleiben. Denn falls im Bundesstaat Georgia beim Kopf-an-Kopf-Rennen der Kandidaten keiner eine absolute Mehrheit erreicht, gibt es dort am 6. Januar eine Stichwahl. In Louisiana würde in diesem Fall am 6. Dezember ein zweiter Wahlgang anstehen.
Am Dienstag stehen zudem 38 Gouverneure zur Wahl, unter anderem in den Bundesstaaten Kalifornien, Texas, Florida und New York. Quer durch das Land müssen die Wähler auch über die Zusammensetzung von regionalen Parlamenten sowie über die Besetzung von öffentlichen Ämtern wie Bürgermeister und Richter entscheiden. So werden in Washington und 172 weiteren Städten die Stadtoberhäupter bestimmt. Und schließlich stehen vom Mindestlohn über Waffenrechte bis zur Legalisierung von Marihuana bei Referenden in einer Reihe von Bundesstaaten diverse Themen zur Abstimmung. Nach Angaben der Website Ballotpedia sollen insgesamt knapp 150 Volksabstimmungen abgehalten werden. Weitere Referenden finden auf kommunaler Ebene statt.
Wie das unabhängige Institut Center for Responsive Politics schätzt, würden die Midterm Elections in diesem Jahr die Rekordsumme von fast vier Milliarden Dollar kosten - das wäre dann der teuerste Kongresswahlkampf aller Zeiten.
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