nd-Schachgala: Königinnen gegen Prinzen
Bei der 9. Auflage des traditionellen Schachturniers von »neues deutschland« sitzen erstmals Männer am Brett
Sie werden zusammen mit Ihrem Kollegen Matthias Blübaum bei der diesjährigen nd-Schachgala gegen die internationalen Spitzenspielerinnen Valentina Gunina und Elisabeth Pähtz antreten. Der einstige Weltmeister Garri Kasparow behauptetet einst in Bezug auf Judit Polgar, wegen »der Unvollkommenheit ihrer Psyche« sei »die Frau an sich dem zähen Kampf eines Schachspiels nicht gewachsen«, weil »ihre Natur unweigerlich gegen sie« arbeite. Stimmen Sie Kasparow zu?
Ich denke nicht, dass Frauen von Natur aus schlechter Schach spielen. Sie finden nur schneller Interesse an anderen Dingen im Leben und wenden sich dann vom Schach ab, so dass die wenigsten ihr volles Potenzial ausschöpfen.
Bei der diesjährigen Jugend-WM im südafrikanischen Durban sind Sie in der Gruppe U 18 als Nummer vier gesetzt worden. Es hat aber am Ende dann doch »nur« für den zehnten Platz gereicht. Waren Sie danach sehr enttäuscht?
Ich hatte mir natürlich mehr erhofft. Aber weil die ersten beiden Partien nur remis ausgegangen sind, misslang ein besserer Einstieg in das Turnier.
Die nd-Schachgala wird in der 9. Auflage unter dem Motto »Königinnen gegen Prinzen« ausgetragen: am 6. November ab 15 Uhr – wie gewohnt im nd-Redaktionsgebäude am Franz-Mehring-Platz 1. Die deutsche Nummer Eins, Elisabeth Pähtz, und Europameisterin Walentina Guninaaus Russland stellen sich zwei 17-jährigen Talenten: Matthias Blübaum und Dennis Wagner. Wer wird in diesem Doppelduell Frau gegen Mann triumphieren? Der Internationale Meister Dennis Wagner aus Söhrewald Wellerode bei Kassel verrät René Gralla im nd-Gespräch, warum ihn die ungewöhnliche Konstellation des Turniers besonders reizt.
Sie gelten als größte deutsche Nachwuchshoffnung im Schach. Empfinden Sie das als Belastung oder spornt Sie das an?
Natürlich versuche ich immer, den in mich gesetzten Erwartungen gerecht zu werden. Aber primär spiele ich Schach, weil ich Freude daran habe. Besonders gefällt mir der Facettenreichtum, die Ästhetik und die eröffnungsanalytische Arbeit.
Der norwegische Schachweltmeister Magnus Carlsen, der in Kürze seinen Titel verteidigen wird, hat neue Maßstäbe gesetzt. Dank Carlsen gilt Schach jetzt als frisch und modern. Was bedeutet der junge Champion für Sie?
Magnus Carlsen ist natürlich ein Vorbild. Da er zum einen wichtige Qualitäten wie Kampfgeist verkörpert und zum anderen den Schachsport auf der ganzen Welt populärer macht.
Bei der nd-Schachgala am kommenden Donnerstag sind alle vier Teilnehmerinnen und Teilnehmer, sowohl die Frauen als auch die Männer, dem Elo-Rating nach ungefähr gleich stark. Ihre Prognose für den Turnierausgang?
Ich erwarte einen offenen und spannenden Kampf. Jeder Ausgang ist denkbar.
Manche Männer sind seltsam befangen, wenn sie gegen Frauen spielen sollen. Wie ist das bei Ihnen? Wie werden Sie mit der besonderen Situation in Berlin umgehen?
Während einer Schachpartie sollte man sich nicht zu sehr darauf konzentrieren, wer einem gegenübersitzt, sondern vielmehr versuchen, die besten Züge am Brett zu finden.
Falls Sie – als junger Mann und damit als Vertreter jenes Geschlechts, das wenigstens im Schach noch das angeblich stärkere sein soll – beim nd-Turnier zusammen mit Matthias Blübaum von Ihren beiden Gegenspielerinnen geschlagen werden sollten: Würden Sie das als Demütigung empfinden?
Wenn sie stärker spielen und den Kampf verdient gewinnen, habe ich kein Problem damit.
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