Gefürchtete Windmühle
Vieles spricht dafür, dass Mitch McConnell aus Kentucky neuer Mehrheitsführer der Republikaner im US-Senat wird. Anfang Januar könnte er auf diesen einflussreichen Posten gewählt werden, wenn der neue Senat zwei Monate nach seiner Wahl vom Dienstag erstmals zusammentreten soll. Voraussetzung dafür war, dass McConnell zum sechsten Mal hintereinander ein Senatsmandat erlang. Er siegte deutlich vor der demokratischen Kandidatin Alison Grimes. Seit 1985 sitzt der heute 72-jährige in Alabama geborene Politiker schon für Kentucky im US-Senat.
Da sich die Republikaner mit mindestens 52 Sitzen von insgesamt 100 im Senat die Mehrheit gesichert haben, dürfte McConnell nun vom undankbaren Posten des Fraktionschefs der Minderheit zum Mehrheitsführer aufsteigen. Aber welcher Mitch McConnell wird dieses Amt führen? Das fragen sich viele, die ihn als Mann mit zwei Gesichtern sehen. Da ist der Karrierist: McConnell und seine politischen Freunde aus der Parteimitte werden spöttisch als Handelskammer-Republikaner bezeichnet, weil sie wirtschaftsfreundlich und kompromissbereit sind. In den Vorwahlen holten sie sich die Stimmen mit dem Versprechen, dass die Wähler mit ihrem Sieg schlicht mehr Geld verdienen würden.
»Dabei ist er wirklich gut«, findet Journalismusprofessor Al Cross von der University of Kentucky. McConnell entgehe kein Aspekt in einer Auseinandersetzung. Er kenne auch seine eigenen Schwächen. Deshalb schaffe er es immer, politisch zu überleben. »Es gibt nicht viele, die Mitch McConnell lieben. Aber es gibt viele, die ihn respektieren und manche, die ihn fürchten.«
Andere sehen McConnell als blutleeren Charakter ohne Überzeugungen. Hinzu kommen das Fehlen jeglicher rednerischer Begabung und seine Vorliebe, in Fernsehinterviews zu nuscheln. »Mitch McConnell war in den 46 Jahren, die ich ihn kenne, immer derselbe kaltherzige, machthungrige Politiker«, sagt der demokratische Kongressabgeordnete John Yarmuth aus Kentucky. »Er ist wie eine Windmühle - wo immer der Wind hinbläst, da geht er hin.«
In seiner Siegesrede am Wahlabend sagte McConnell, er wolle den Stillstand im Parlament beenden. Tatsächlich hat McConnell selbst viel zu der Blockadesituation im Kongress beigetragen. Projekte, die er früher befürwortet hatte, wie die Krankenversicherung für alle blockierte er im Senat, wenn sie von Präsident Barack Obama eingebracht wurden.
Der Tea Party-Flügel seiner Partei wirft ihm vor, das Auslaufen von Steuererleichterungen 2011 zugelassen und 2013 die Zahlungsunfähigkeit der Regierung Obama verhindert zu haben. Führende Vertreter lassen es deshalb noch offen, ob sie im Januar für McConnell als Mehrheitsführer stimmen werden.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.