1331 Brennstäbe in Fukushima geborgen
400 Tonnen Atommüll noch in der AKW-Ruine
Dreieinhalb Jahre nach der Katastro-phe von Fukushima meldet der japanische AKW-Betreiber Tepco erste Erfolge beim Rückbau. Demnach wurden die letzten abgebrannten Brennstäbe aus einem Abklingbecken in Block 4 des havarierten Atomkraftwerks geborgen. Als die Operation vor ziemlich genau einem Jahr begann, hatten Experten in aller Welt bezweifelt, dass das Unternehmen den möglicherweise beschädigten Brennstoff sicher aus dem als einsturzgefährdet geltenden Gebäude transportieren kann.
Die Tepco-Arbeiter haben 1331 stark strahlende Brennstäbe aus der von mehreren Explosionen völlig zerstörten Reaktorruine geholt. Jeder einzelne ist viereinhalb Meter lang und wiegt 300 Kilogramm. Wären die Brennstäbe beim Herausheben aus dem Wasserbecken aus der Kranhalterung gerutscht und hätten längere Zeit an der Luft gelegen, hätten sie sich entzünden und erneut große Mengen Radioaktivität freisetzen können. Davor hatten Umweltaktivisten zu Beginn der Aktion gewarnt. Selbst Mitarbeiter der japanischen Atomsicherheitsbehörde hatten hinter vorgehaltener Hand zugegeben, dass sie mit der Leerung des maroden Abklingbeckens völliges Neuland mit ungewissem Ausgang betreten.
Doch die immer wieder von Experten als hochgefährlich bezeichnete Aktion verlief weitgehend pannenfrei. Am Montag wurden nach Angaben des Fernsehsenders NHK die letzten elf abgebrannten Brennstäbe geborgen. Jetzt warten nur noch 180 weitaus weniger gefährliche, unbenutzte Brennstäbe auf ihre Bergung. Bis zum Jahresende soll der gesamte Atombrennstoff aus dem in Expertenkreisen als einsturzgefährdet geltenden Block 4 verschwunden sein.
Der Reaktor war nicht in Betrieb, als im März 2011 ein Megabeben der Stärke 9,0 und ein 14-Meter-Tsunami den schlimmsten Atomunfall seit Tschernobyl auslösten. Die insgesamt 400 Tonnen Kernbrennstoff befanden sich im Abklingbecken.
Im Gegensatz zu Block 4 waren die drei anderen beschädigten Reaktoren zum Zeitpunkt des Unfalls in Betrieb und in den überhitzten Reaktordruckbehältern kam es zu Kernschmelzen, was zu tödlich hohen Strahlendosen in den jeweiligen Reaktorgebäuden führte. Noch immer verhindert die hohe Strahlung, dass Arbeiter die Gebäude betreten. Zudem haben Verzögerungen bei der Bergung der durch mehrere Wasserstoffexplosionen entstandenen hoch radioaktiven Trümmer rund um den Reaktor dazu geführt, dass der wenige Monate nach dem Unfall verkündete Rückbauplan nicht eingehalten werden kann.
In diesen drei Blöcken verzögert sich die Bergung des strahlenden Brennstoffs. Nur wenige Tage vor der Erfolgsmeldung aus Block 4 hatte Tepco mitgeteilt, dass die Leerung des Abklingbeckens von Block 1 um zwei Jahre auf frühestens 2019 verschoben werden muss. Die Bergung des geschmolzenen Brennstoffs aus dem Reaktorkern verzögert sich sogar um mindestens fünf Jahre. Frühestens im Jahr 2025 will Tepco mit den Arbeiten beginnen. Bis dahin müssen noch einige Hürden genommen werden. Auch gut dreieinhalb Jahre nach dem Unfall weiß immer noch niemand, wo genau sich die geschmolzenen Reaktorkerne überhaupt befinden.
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