Der Bahnstreik geht weiter

Arbeitsgericht weist Antrag der Bahn gegen GDL-Streik ab / Konzern legt Berufung gegen Entscheidung ein / Regionalverkehr im Osten von Arbeitskampf besonders betroffen

  • Lesedauer: 17 Min.

Update 00.12 Uhr: Die Deutsche Bahn will gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Frankfurt in Berufung gehen. Das Gericht hatte am späten Donnerstagabend eine Antrag der Bahn abgelehnt, die den Streik der Gewerkschaft GDL per Einstweiliger Verfügung als unverhältnismäßig verbieten lassen wollte. »Nach der Entscheidung des Gerichts sieht sich die DB in der Pflicht, Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil einzulegen«, teilte der Konzern mit.

Zudem bedauere man, dass die GDL den Vergleichsvorschlag des Frankfurter Arbeitsgerichts abgelehnt hat, der eine Streikpause bis 17. November vorgesehen habe. In dieser Zeit hätten GDL, EVG und DB Gelegenheit gehabt, inhaltliche Verhandlungen vorzubereiten.

Update 23.30 Uhr: Das Arbeitsgericht Frankfurt lässt die Lokführer vorläufig weiter streiken. Das Gericht lehnte am Donnerstag einen Antrag derDeutschen Bahn ab, die den Streik der Gewerkschaft GDL per Einstweiliger Verfügung als unverhältnismäßig verbieten lassen wollte. Die Bahn kann gegen die Entscheidung noch in Berufung gehen. Das wolle man prüfen, hatte der Anwalt zuvor gesagt. Laut Urteil verstößt der Arbeitskampf nicht gegen die Friedenspflicht und ist auch verhältnismäßig. Die Forderungen seien nicht widerrechtlich.

Dem Urteil vorausgegangen waren zähe, stundenlange Verhandlungen über einen Vergleichsvorschlag der Arbeitsrichterin Ursula Schmidt. Der Vergleich scheiterte letztlich daran, dass die GDL bereits in den Schlichtungsplan hineinschreiben wollte, dass es bei der Bahn verschiedene konkurrierende Tarifverträge geben könnte. Das lehnte Bahn-Anwalt Thomas Ubber ab. »Wir können keine Ergebnisse der Tarifverhandlungen hier vor Gericht vorwegnehmen«, sagte er.

Die Entscheidung kann noch in der zweiten Instanz überprüft werden. Das Landesarbeitsgericht Hessen wollte nach Angaben von Prozessbeteiligten gegebenenfalls am Freitagvormittag über die Sache verhandeln.

Update 23.14 Uhr: Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat den Antrag auf einstweilige Verfügung gegen den Streik der Lokomotivgewerkschaft GDL abgwiesen.

Update 22.50 Uhr: Der angestrebte Vergleich zwischen den streikenden Lokführern und der Deutschen Bahn ist geplatzt. Vor dem Frankfurter Arbeitsgericht konnten sich die Parteien nach mehr als fünf Stunden Verhandlung am Donnerstagabend nicht auf einen gemeinsamen Wortlaut einigen. Die GDL wollte festgeschrieben haben, dass bei der Bahn mehrere unterschiedliche Tarifverträge möglich sein könnten. Der Bahn-Anwalt hielt der GDL vor, Ergebnisse späterer Verhandlungen vorwegnehmen zu wollen und lehnte das Ansinnen ab.

Die Bahn hätte den ursprünglichen Vorschlag nach den Worten ihres Anwalts Thomas Ubber angenommen. Richterin Ursula Schmidt hatte angeregt, sämtliche Konfliktpunkte auch mit der konkurrierenden Gewerkschaft EVG aufzulisten, um eine Mediation oder Schlichtung vorzubereiten.

Der genaue Wortlaut des Vorschlags wurde zunächst nur den Streitparteien vorgelegt. Eigentlich wollte die Deutsche Bahn mit einer Einstweiligen Verfügung den Lokführerstreik stoppen. Darüber muss das Gericht nun entscheiden. Die Bahn hatte dargelegt, dass sie den am Mittwoch begonnenen Streik für unverhältnismäßig hält.

Möglicherweise könnte auch noch eine mögliche Berufung verhandelt werden. Das Landesarbeitsgericht hielt sich nach Angaben einer Sprecherin zunächst in Bereitschaft.

Update 20.45 Uhr: Im Arbeitsgericht Frankfurt diskutieren Bahnkonzern und Gewerkschaft seit geraumer Zeit den Vorschlag der Richterin, mit einem Vergleich eine Schlichtung oder Mediation vorzubereiten. Wie es per Kurznachrichtendienst Twitter aus dem Gerichtssaal hieß, habe die Bahn den Vorschlag wohl akzeptiert, die GDL hatte ihn dagegen zunächst abgelehnt. Daraufhin gab es einen erneuten Vorstoß der Richterin, den Vergleich mit Änderungen an Formulierungen doch noch zu erreichen. Die GDL will ausdrücklich festgeschrieben haben, dass bei der Bahn mehrere unterschiedliche Tarifverträge möglich sein könnten. Inzwischen ist wieder eine Unterbrechung der Sitzung.

Update 19.33 Uhr: Das Arbeitsgericht Frankfurt hat vorgeschlagen, den Lokführerstreik bei der Bahn mit einem Vergleich beizulegen. Richterin Ursula Schmidt regte am Donnerstag an, sämtliche Konfliktpunkte auch mit der konkurrierenden Gewerkschaft EVG aufzulisten, um eine Mediation oder Schlichtung vorzubereiten. Ein Problem ist dabei nach Angaben der Richterin, dass weder die EVG noch der Arbeitgeberverband der Bahn bei der Verhandlung anwesend sind, die aber ebenfalls dem Plan zustimmen müssten. Der genaue Wortlaut des Vorschlags wurde zunächst nur den Streitparteien vorgelegt. Diese haben sich zu Beratungen zurückgezogen. Die Streitparteien sagten zu, den Vorschlag zu prüfen, sobald er vorliegt. Zuvor hatte die Bahn dargelegt, warum sie den am Mittwoch begonnenen Streik der Lokführer für unverhältnismäßig hält. Sie will eine Einstweilige Verfügung gegen den Streik erreichen. GDL-Chef Claus Weselsky hatte die Bahn aufgefordert, die vorgeschlagene Schlichtungsregel bei intern konkurrierenden Gewerkschaften wegzulassen. Dann könne man den Streik abbrechen und in Verhandlungen eintreten. Am Abend war noch unklar, ob das Gericht eine Entscheidung fällt. Möglicherweise könnte auch noch die Berufung gegen die Entscheidung verhandelt werden. Das Landesarbeitsgericht hielt sich nach Angaben einer Sprecherin in Bereitschaft.

Update 18.40 Uhr: In einer Umfrage für den Sender N24 äußern nur noch 31 Prozent der Befragten Verständnis für die GDL-Streiks, 62 Prozent haben dafür kein Verständnis. Vor einem Monat hatte sich noch eine Mehrheit von 55 Prozent der Deutschen verständnisvoll zum Streik geäußert, nur 42 Prozent hatten schon im Oktober kein Verständnis für die GDL-Aktionen. Auch die Haltung der Deutschen zur Macht kleinerer Gewerkschaften hat sich im Laufe der Streiks verändert. 55 Prozent der Befragten sind nun dafür, die Macht kleiner Gewerkschaften zu beschneiden, 38 Prozent lehnen das ab. Vor einem Monat war die Mehrheit der Deutschen noch anderer Meinung: Im Oktober wollte nur eine Minderheit von 41 Prozent die Macht kleiner Gewerkschaften beschneiden, die Mehrheit von 52 Prozent lehnte das damals noch ab.

Update 18.16 Uhr: Vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main läuft noch immer die mündliche Verhandlung über den Streik der GDL. Im juristischen Streit um den Lokführerstreik hat der Anwalt der Deutschen Bahn AG einen hohen Millionenschaden ins Feld geführt. Der deutschen Wirtschaft entstünden pro Streiktag Schäden von rund 100 Millionen Euro, sagte der Anwalt Thomas Uber am Donnerstag vor dem Arbeitsgericht Frankfurt. Der Deutschen Bahn AG werde im Verlauf des größten Streiks in ihrer Geschichte ein Schaden in ebenfalls dieser Höhe entstehen. Die DB sei zudem mehreren Gewerkschaften »ausgesetzt« und könne sich nicht gegen Arbeitskämpfe wehren, so dass die Verhältnismäßigkeit strenger geprüft werden müsse. Der Abbruch des GDL-Streiks stehe auch wegen der Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag des Mauerfalls in Berlin mit rund 2 Millionen Besuchern im nationalen Interesse, sagte der Anwalt. Die Verhandlung dauerte an. Die Bahn will der Gewerkschaft GDL den am Mittwoch begonnenen Streik gerichtlich untersagen lassen.

Update 16.55 Uhr: Vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die mündliche Verhandlung über den Mega-Streik der Lokführer begonnen. Die Deutsche Bahn hatte den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, um den Streik zu stoppen. Eine Entscheidung wird noch am Donnerstag erwartet. Vor Gericht erschien auch der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky. Er sagte vor Beginn des Verfahrens, er sei »ganz zuversichtlich«. Der Gewerkschaftschef wurde im Gerichtssaal von Bahn-Mitarbeitern mit Applaus begrüßt. »Danke, das ist das, was Mut macht«, sagte Weselsky. Die Bahn rechnet in dem Verfahren selbst nicht unbedingt mit einem Erfolg. »Wir sind uns durchaus bewusst, dass die Richter in der Vergangenheit zumeist gegen die Arbeitgeber entschieden haben«, hatte Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber. erklärt. Der Konzern wolle aber »nichts unversucht lassen«.

Update 15.50 Uhr: Linksfraktionsvize Klaus Ernst hat den Versuch der Bahn AG, den Lokführerstreik per einstweiliger Verfügung zu stoppen, als einen »Angriff auf die Tarifautonomie« kritisiert. »Die Deutsche Bahn macht sich mit der Klage gegen das Streikrecht zur willigen Erfüllungsgehilfin der Bundesregierung. Dass ein Bundesverkehrsminister zur Klage gegen einen Streik aufruft, ist inakzeptabel«, sagte Ernst. »Die große Koalition ist beim Tarifkonflikt der Deutschen Bahn mit der GDL nicht die unparteiische Beobachterin, als die sie sich gerne gibt. Manch einer scheint zu vergessen, dass die Deutsche Bahn noch immer ein staatliches Unternehmen ist. Im Aufsichtsrat sitzen für die Arbeitgeberseite Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung – eben jener Regierung, die gerade jetzt ein Gesetzesvorschlag eingebracht hat, das Streikrecht einzuschränken.«

Update 14.25 Uhr: Die Grüne Jugend hat sich mit den Forderungen der GDL solidarisch erklärt. »Uns ist das Grundrecht auf Streik und der Kampf für gute Arbeit wichtiger, als dass alle pünktlich zu ihren schlecht bezahlten Jobs kommen«, sagte Bundessprecher Erik Marquardt. Daher solidarisiere man sich »mit den Forderungen der GDL und wünschen ihr für die kommenden Verhandlungen viel Standkraft«. Marquardt verwies darauf, dass das Zugpersonal der Deutschen Bahn »teilweise die Hälfte des Lohns ihrer Kolleginnen und Kollegen in Nachbarländern« verdiene. Er kritisierte zugleich die SPD: »Überraschenderweise klinkt sich auch die Politik immer stärker in die Tarifverhandlungen ein. Laut SPD-Fraktionschef Oppermann nerve die GDL ganz Deutschland. Welches Demokratieverständnis dieser Aussage zu Grunde liegt, lässt er hingegen offen.« Bundessprecherin Theresa Kalmer sagte mit Blick auf die Sozialdemokraten, sie frage sich »ernsthaft auf welcher Seite die GroKo-SPD inzwischen kämpft. Dass die Führungsriege der SPD derart offen gewerkschaftliche Grundrechte in Frage stellt, ist ein Tiefpunkt in der 151-jährigen SPD-Geschichte.«

Update 14.15 Uhr: SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi hat GDL-Chef Claus Weselsky vorgeworfen, mit seinem Verhalten der gesamten Gewerkschaftsbewegung Schaden zuzufügen. Fahimi sagte am Donnerstag im rbb-Inforadio, Weselsky habe sich im Tarifkonflikt bei der Bahn »verrannt«. Sie frage sich, ob er »nicht längst persönliche Interessen verfolgt«, statt die Interessen der Gewerkschaftsmitglieder wahrzunehmen. »Es verhält sich ja so, dass Herr Weselsky seine Mitglieder inzwischen in einen Streik hineinführt, wo es nur noch bedingt um ihre Interessen geht. Denn die Überstundenregelung, die Lohnforderungen für die Lokführer - darum geht es schon lange nicht mehr.« Fahimi beschuldigte den Gewerkschaftsvorsitzenden außerdem, mit seinem Verhalten demokratische Grundsätze zu brechen. »Er lehnt jedes Gespräch und jeden Schlichtungsversuch ab, der darauf hinausläuft, dass er nicht einen Tarifvertrag für andere Bahnbeschäftigte durchsetzen kann. Insofern bricht er das Prinzip der Solidarität, das Prinzip der Demokratie und schädigt damit die Gewerkschaftsbewegung, und das macht mir Sorge.«

Update 14.10 Uhr: Der Vorsitzende der Linkspartei in Sachsen, Rico Gebhardt, hat sich mit dem Streik der GDL solidarisch erklärt. In einem Brief an die Gewerkschaft erklärte der Linkenpolitiker, über »Folgen Ihres Streiks kann und soll man sich ärgern. Dabei darf jedoch niemals vergessen werden, dass die Ursachen für diesen Streik vor allem bei der Unternehmensführung der Bahn liegen«. Da es sich um ein Staatsunternehmen handle, könne sich auch die Politik nicht aus der Verantwortung nehmen. Der Streik, von der auch die Partei und ihre Mitglieder selbst nicht unerheblich betroffen seien, sei mittlerweile im Hinblick auf die Pläne der Berliner Koalition zur sogenannten »Tarifeinheit« ein Kampf geworden, in dem es um die Grundrechte aller arbeitenden Menschen in diesem Lande geht. »Wenn Wirtschaftsminister und SPD-Vorsitzender Siegmar Gabriel von einem 'Missbrauch des Streikrechtes' spricht, so ist dies in aller Schärfe zurückzuweisen.« Gebhardt rief auch die Mitglieder und Funktionäre seiner Partei dazu auf, sich mit dem GDL-Streik solidarisch zu erklären.

Update 13.35 Uhr: Der Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky, hat die »unglaubliche Verletzung« seiner Privatsphäre im laufenden Tarifkonflikt kritisiert. Es gehe nicht mehr um die Sache, sondern um seine Person, sagte Weselsky am Donnerstag im ARD-»Morgenmagazin«. Dies habe eine Dimension erreicht, die er sich zu Beginn der Tarifauseinandersetzung nicht habe vorstellen können. Bislang habe er für Personenschutz keine Notwendigkeit gesehen, sagte Weselsky. Am Mittwochabend habe er aber die Polizei verständigt. Zuvor waren in Zeitungen und im Internet die dienstliche Telefonnummer Weselskys und Fotos seines Hauses veröffentlicht worden, dazu Informationen, wo es zu finden ist. Weselsky betonte, er sei bislang während der Streiks immer auf Bahnhöfen gewesen, »und werde das auch weiter tun«. Die Mitglieder seiner Gewerkschaft brauchten einen Vorsitzenden, »der steht wie ein Baum und der nicht wackelt und der allen ein Vorbild ist, dass man Grundrechte zu verteidigen hat«.

Update 11.30 Uhr: Der gewerkschaftspolitische Sprecher der LINKEN in Nordrhein-Westfalen, Helmut Born, warf der EVG am Donnerstag vor, sich zum »Helfershelfer des Bahnvorstandes« zu machen und ihre Mitglieder »zum Streikbruch« aufzurufen. »Wer von Zusammenarbeit redet, wie der EVG-Vorsitzende Kirchner, sollte dies in der Praxis beweisen. Der Bahnvorstand kann doch nur dieses Spiel treiben, weil er sich sicher wähnt, die EVG an seiner Seite zu haben.«

Jutta Krellmann, gewerkschaftspolitische Sprecherin der Linkenfraktion im Bundestag, kritisisierte indessen die »hysterisch« agierende Öffentlichkeit und die mediale Berichterstattung über GDL-Chef Weselsky. Jeder abhängig Beschäftigte in diesem Land sollte sich genau überlegen, ob er sich über den Streik der Lokführer empört. »Jeder Arbeitnehmer sollte in Betracht ziehen, was ein ähnlich konsequent durchgeführter Arbeitskampf auch für seine eigenen Arbeits- und Lebensbedingungen bedeuten könnte«, so Krellmann.

Update 10.35 Uhr: Die Deutsche Bahn will den laufenden Lokführerstreik mit einer einstweiligen Verfügung vorzeitig gerichtlich beenden lassen. Ein entsprechender Antrag werde beim Arbeitsgericht Frankfurt/Main gestellt, kündigte das Unternehmen am Donnerstag in Berlin an.

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) habe das Angebot zu einer Schlichtung »offenbar ohne ernsthafte Prüfung abgelehnt«. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte die Bahn am Mittwoch aufgefordert, gegen den Streik vor Gericht zu ziehen: »Eine Klage wegen Unverhältnismäßigkeit des Streiks ist im Interesse der Bahnkunden, der Beschäftigten und der Aufrechterhaltung der Güterversorgung in Deutschland geboten.«

Die Bahn hatte sich zuvor jedoch skeptisch geäußert, was die Erfolgsaussichten rechtlicher Schritte angeht. »Wir wollen nichts unversucht lassen und haben uns schweren Herzens entschieden, jetzt auch mit juristischen Mitteln gegen diesen Streik vorzugehen«, sagte Personalvorstand Ulrich Weber am Donnerstag.

Update 9.40 Uhr: Die Piratenpartei hat Einschränkungen im Streikrecht, wie sie derzeit von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) geplant werden, strikt abgelehnt. »Das Recht auf Streik wurde unendlich mühsam erkämpft und hat für sehr viele Verbesserungen der Arbeitsbedingungen gesorgt; nun wird es von einer breiten Front etablierter Politiker in Frage gestellt, weil es anscheinend in die Stimmung passt«, sagte der Bundesvorsitzende Stefan Körner.

»Dabei wäre es gerade dann besonders wichtig, ein Recht zu verteidigen, wenn es anstrengend ist. Vor allem in den Reihen der SPD Politiker wünsche ich mir hier ein wenig mehr Langzeitgedächtnis.« Die Gesetzespläne von Nahles würden »den Arbeitskampf in bestimmten Bereichen wie zum Beispiel beim Zugbegleitpersonal unmöglich machen. Wir Piraten bezweifeln, dass dies wirklich zum Wohl der Arbeitnehmer ist. Die von Frau Nahles erhoffte Befriedung durch diese Mehrheitsregel sehen wir kritisch.« Körner warnte davor, es könnten sich dann »entweder arbeitgebernahe Gewerkschaften durchsetzen, oder es wird zu noch intensiveren Konflikten zwischen kleinen Gewerkschaften kommen«.

Update 8.40 Uhr: Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftbundes, Reiner Hoffmann, äußerte im Deutschlandfunk die Befürchtung, durch das Verhalten der GDL könne auch den übrigen Gewerkschaften ein Imageschaden drohen. Er zeigte sich enttäuscht, dass der GDL-Vorsitzende das Angebot des Bahnkonzerns zu einer Schlichtung ausgeschlagen habe. Weselsky wolle seinen Machtbereich zulasten der Beschäftigten und der Bahnreisenden ausweiten, behauptete DGB-Chef Hoffmann.

Update 7.45 Uhr: Eine im Sozialen Netzwerk Facebook gegründete Gruppe »Solidarität mit dem Streik der GDL« hat nach etwa 26 Stunden bereits über 2.400 Mitglieder gefunden. »Die GDL streikt für die Durchsetzung der Interessen ihrer Mitglieder. Von dem Streik sind - das liegt in der Natur der Sache - alle Bahnkunden betroffen«, heißt es bei der Initiative. »Die Betroffenheit und daraus resultierender Ärger darf nicht dazu führen, Gewerkschaftsrechte einzuschränken. Seit Wochen versuchen die Leitmedien der GDL mit dem Vorwurf von Machtbesessenheit das Recht zum Streik abzusprechen.« Natürlich nerve dieser Arbeitskampf, heißt es - »Dennoch: Hände weg vom Streikrecht. Solidarität mit der GDL!«

Update 7.40 Uhr: Update 7.40 Uhr: In Rheinland-Pfalz fahren etwa ein Drittel der Fernzüge. Die S-Bahnen im Rhein-Main-Gebiet fahren wie angekündigt im stündlichen Rhythmus. In Bayern fielen in den ersten Stunden des Streiks laut Bahnangaben rund 50 Prozent der Regionalzüge aus. Die S-Bahnen in München und in Nürnberg fahren auf allen Linien im Stundentakt, die S8 zum Münchner Flughafen alle 20 Minuten.

Update 7.35 Uhr: In Berlin und Brandenburg fahren nach Angaben eines Bahnsprechers ein Drittel des Fern-, etwa 30 Prozent des S- und ein Fünftel des Regionalbahnverkehrs. Besonders die Nord-Süd-Strecken sowie die Außenäste der S-Bahn seien berücksichtigt. Hier sind nach Bahn-Angaben auch 24 Busse im Einsatz.

Bei der Berliner S-Bahn wird der Ring mit den Linien S41, S42, S45 und S47 nicht bedient. Die S46 fährt alle 20 Minuten zwischen Königs Wusterhausen und Südkreuz. Zwischen Oranienburg und Potsdam Hauptbahnhof soll die S1 alle 20 Minuten fahren. Die S7 ist nur auf der Strecke zwischen Friedrichstraße und Strausberg im Einsatz. Die S5 verkehrt auf der Teilstrecke zwischen Alexanderplatz und Marzahn, die S3 zwischen Erkner und Ostkreuz.

Keine Züge fahren auf den Linien S75, S8 und S85. Auf der S8 werden zwischen Hohen Neuendorf und Blankenburg Busse eingesetzt - ebenso auf der S25 zwischen Hennigsdorf und Tegel sowie Teltow Stadt und Südende. Die S9 ist auf der Strecke zwischen Landsberger Allee und Flughafen Schönefeld im Einsatz. Die S2 fährt alle 60 Minuten zwischen Blankenfelde und Bernau.

Update 7.30 Uhr: Nach Auskunft eines Bahnsprechers war in Mecklenburg-Vorpommern im Fernverkehr rund ein Drittel der Züge unterwegs, im Nahverkehr fielen zwischen 70 und 85 Prozent der Verbindungen aus. Tausende Pendler im Nordosten müssen sich andere Möglichkeiten suchen, zur Arbeit, Universität oder Schule zu kommen. Der Streik soll nach GDL-Angaben noch bis Montagmorgen dauern.

Update 7.25 Uhr: Nach Ansicht des Verbands Mofair, in dem Wettbewerber des Bahn-Konzerns organisiert sind, trägt dieser an den festgefahrenen Tarifverhandlungen mit der Lokführergewerkschaft eine Mitschuld. Engelbert Recker, Hauptgeschäftsführer des Verbands, sagte der »Neuen Osnabrücker Zeitung«, das Problem der Bahn sei, »dass sie nicht zwei Tarifverträge für eine Berufsgruppe dulden will«. Bei den privaten Wettbewerbern des Konzerns seien parallele Tarifverträge von GDL und EVG, die sogenannte Tarifpluralität, eher die Regel denn eine Ausnahme, so Recker: »Man kann alles regeln - wenn man kein Prinzip aus seiner Haltung macht«, sagte er. »Wenn die DB immer wieder an ihrem Standpunkt festhält, dann kommt so eine Situation dabei heraus.« Die aktuelle Konfrontation sei »für keinen der Beteiligten angenehm«. Probleme in der Umsetzung konkurrierender Tarifverträge, etwa durch abweichende Arbeitszeiten und Pausenregelungen in den Tarifverträgen, gebe es in der Praxis keine: »Das ist nur eine Frage der betrieblichen Organisation«, sagte Recker.

Update 7.05 Uhr: Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, sieht den Arbeitskampf bei der Bahn skeptisch. »Die Lohnforderungen der Lokführer sind richtig, der Streik ist falsch, weil er die Belegschaft spaltet«, wird Riexinger in der »Rheinischen Post« zitiert. Genauso falsch sei es aber, wenn die Regierung dies zum Vorwand nehme, das Streikrecht zu unterscheiden. Kritik übte Riexinger zudem am Deutschen Gewerkschaftsbund: »Ich würde mir auch vom DGB wünschen, dass er die Koalitionsfreiheit als gewerkschaftliches Kernrecht verteidigt, anstatt sich an der Kampagne gegen die streikenden Lokführer zu beteiligen.«

Im Regionalverkehr unterschiedliche Lage in Ost und West

Berlin. Der Streik bei der Lokführer hat zu »massiven Beeinträchtigungen im Personenverkehr« geführt, das teilte der Bahn-Konzern mit. Im Fern- und Regionalverkehr fahre man »ausgedünnt, aber weitgehend stabil«, so die Bahn - dabei geht es aber regional sehr unterschiedlich zu. Im Regionalverkehr in West- und Norddeutschland stünden über 30 Prozent des üblichen Zugangebotes zur Verfügung, im Süden seien es etwa 40 Prozent, im Osten dagegen nur 15 bis 30 Prozent. Für die S-Bahnen in München, Nürnberg, Stuttgart und Rhein-Main werde ein Stundentakt angeboten. In Berlin und Hamburg würden einige Linien auch alle 20 Minuten fahren, so die Bahn.

Für Donnerstag und Freitag sind die Ersatzfahrpläne bereits öffentlich. Für Samstag stünden ab 12 Uhr Informationen online bereit, für Sonntag sei die Veröffentlichung am Freitagmittag vorgesehen. Bei der Bahn hatte am Mittwoch der längste Streik der letzten 20 Jahre beginnen. Die Lokführer-Gewerkschaft (GDL) will mehr als vier Tage die Arbeit ruhen lassen. Sie fordert für die Beschäftigten mehr Geld, eine kürzere Arbeitszeit und will das gesamte Zugpersonal bei Verhandlungen vertreten. nd/mit Agenturen

Im nd-shop bestellen:

Arbeitskampf und Tarifautonomie in Zeiten der Fachgewerkschaften. Muss die Kampfparität der Kampfmittelfreiheit weichen?

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -