China nicht mehr am Zug

Mexiko kündigt Vertrag für Hochgeschwindigkeitsbahn wieder

  • Andreas Knobloch
  • Lesedauer: 3 Min.
Mexikos Regierung hat - wohl aus Angst vor Korruptionsvorwürfen - einen Auftrag an ein chinesisches Konsortium zurückgezogen.

Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto hat in einer beispiellosen Entscheidung einem chinesischen Firmenkonsortium einen Milliardenauftrag wieder entzogen - ausgerechnet kurz vor der Abreise nach Peking zum Gipfel des Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsforums APEC, der am Dienstag zu Ende ging. Was als Ausschreibung für Mexikos ersten Hochgeschwindigkeitszug begann, droht sich zu einem Skandal auszuweiten, in den sogar die Präsidentenfamilie verwickelt ist.

Wie mexikanische Zeitungen berichteten, habe die First Lady, Angélica Rivera Hurtado, ein luxuriöses Anwesen in einem Nobelbezirk von Mexiko-Stadt im Wert von rund sieben Millionen US-Dollar von der Immobilienfirma Ingeniería Inmobiliaria del Centro erworben. Diese gehört Juan Hinojosa Cantú, dem Besitzer der Higa-Gruppe. Pikant an der Sache ist, dass das Firmenkonglomerat von der Regierung des Bundesstaates Estado de México verschiedene lukrative Auftrage erhalten hatte, während Peña Nieto dort Gouverneur war. Damit nicht genug: Die zur Higa-Gruppe gehörende Baufirma Constructores Teya ist Teil jenes Konsortiums um den chinesischen Staatskonzern China Railway Construction Corp Ltd. (CRCC), das Anfang vergangener Woche den Zuschlag für den Bau des Hochgeschwindigkeitszuges erhalten hatte. Er sollte Mexiko-Stadt mit Querétaro verbinden. Der mögliche Interessenskonflikt könnte erklären, weshalb Peña Nieto drei Tage später die Ausschreibung für ungültig erklärte.

Mexikos Präsident sieht sich nach der vermutlichen Ermordung von 43 Lehramtsstudenten im Bundesstaat Guerrero der schwersten Krise seiner bisher zweijährigen Amtszeit gegenüber. Ein möglicher Fall von Einflussnahme oder gar Korruption wäre ein weiterer harter Schlag. Und das zu einem Zeitpunkt, da die Regierung plant, in den kommenden Jahren knapp 600 Milliarden US-Dollar in Infrastrukturprojekte zu investieren. 2015 steht zudem die erste Ausschreibungsrunde für Ölförderlizenzen für ausländische Investoren nach der umstrittenen Energiereform an.

Am Sonntag veröffentlichte die Regierung eine Erklärung, wonach Rivera Hurtado, eine Ex-Telenovela-Schauspielerin, das Anwesen im Januar 2012 - lange vor der Präsidentenwahl - gekauft habe. Bei der Heirat mit Peña Nieto im Jahr 2010 wurde Gütertrennung vereinbart. Die Präsidentengattin sei »wirtschaftlich unabhängig und verfügte über die ausreichende Mittel, um jenes Grundstück zu erwerben«, hieß es.

Die chinesischen Behörden zeigte sich »überrascht« von der Aufhebung der Ausschreibung. Mexiko kündigte eine Entschädigung des chinesischen Konzerns an. Der Zuschlag für das 3,7-Milliarden-Dollar-Projekt war von Experten als starker Impuls für die zunehmenden Bestrebungen Chinas gewertet worden, Hochgeschwindigkeitszugtechnologie zu exportieren. Allerdings war bereits kurz nach der Entscheidung für das CRCC-Konsortium in der mexikanischen Presse erste Kritik an der zu kurzen Ausschreibungsfrist laut geworden. Der deutsche Siemens-Konzern hatte wie zahlreiche andere Unternehmen Interesse bekundet, wegen der Frist von gerade einmal sechs Monaten jedoch kein Angebot abgegeben. Auch über Bestechung wurde gemunkelt.

Der Bau der 210 Kilometer langen Strecke soll Ende November zu denselben Bedingungen neu ausgeschrieben werden. Darüber hinaus soll es 2015 weitere Ausschreibungen für Zuglinien geben. Das Eisenbahnnetz, ein Sinnbild für die mexikanische Revolution und den Fortschritt, ist nach der Privatisierung 1995 bis auf einige Güterstrecken fast verschwunden. Die Regierung Peña Nieto war angetreten, den Zugverkehr wiederzubeleben. Der Start ging gerade gründlich daneben.

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