Erstmals seit Gaza-Krieg Palästinenser an Grenze erschossen

32-jähriger von israelischen Soldaten erschossen / Umstrittenes »Nationalitätsgesetz« im israelischen Kabinett beraten / Ägypten bietet Friedenstruppen an

  • Lesedauer: 3 Min.
Neue Gewalt in Nahost: An Israels Grenze zum Gazastreifen fallen zum ersten Mal seit August wieder tödliche Schüsse. Ein kontroverser Gesetzesvorstoß könnte die ohnehin gespannte Lage weiter aufheizen.

Jerusalem. Erstmals seit Ende des Gaza-Kriegs vor drei Monaten ist ein Palästinenser an der Grenze zu Israel erschossen worden. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurde der 32-Jährige am Sonntag von israelischen Soldaten östlich von Dschabalija tödlich verletzt.

Eine israelischer Armeesprecherin in Tel Aviv sagte, die Soldaten hätten an der Grenze zum nördlichen Gazastreifen zwei verdächtige Personen ausgemacht. Die Palästinenser hätte mehrere Warnrufe ignoriert. Die Soldaten hätten daraufhin auf ihre Beine gezielt und einen von ihnen getroffen.

Der 50-tägige Gaza-Krieg zwischen Israel und der im Gazastreifen herrschenden Hamas war Ende August mit einer Waffenruhe zu Ende gegangen. Seitdem kam es zu mehreren Verstößen.

Israels Regierung befasste sich indes mit einem umstrittenen Gesetz, das den jüdischen Charakter Israels stärken soll. »Israel ist der Nationalstaat des jüdischen Volkes«, sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Sonntag während einer Regierungssitzung in Jerusalem. Gleichwertig sei allerdings der demokratische Charakter des Landes, betonte er. Alle Bürger müssten die gleichen Rechte haben.

Mitglieder der rechtsorientierten Likud-Partei Netanjahus haben einen Entwurf für das sogenannte »Nationalitätsgesetz« vorgelegt, mit dem der jüdische Charakter Israels juristisch stärker verankert werden soll.

Das Parlament in Jerusalem soll am Mittwoch in einer ersten Abstimmung darüber entscheiden. Gleichzeitig gibt es weitere, gemäßigtere Vorschläge für ein solches Gesetz.

Kritiker bemängeln, der Vorstoß schränke die Rechte der arabischen Minderheit in Israel ein. Angesichts der gegenwärtigen Spannungen in der Region könne es auch den Konflikt mit den Palästinensern verschärfen.

Generalstaatsanwalt Jehuda Weinstein kritisierte den Gesetzesentwurf scharf und forderte die Regierung dazu auf, ihn nicht zu unterstützen. Ein solches Gesetz bedeute eine »Verflachung der demokratischen Werte« Israels, warnte Weinstein nach einem Bericht der Zeitung »Haaretz« (Sonntagsausgabe).

Al-Sisi: Ägypten könnte Palästinenserstaat mit Soldaten unterstützen

Ägypten wäre nach Angaben von Präsident Abdel Fattah al-Sisi bereit, Friedenstruppen in einem möglichen Palästinenserstaat zu stationieren. Sollte die Internationale Gemeinschaft Palästina als Staat anerkennen, könnte die ägyptische Armee dabei helfen, Angriffe von militanten Palästinensern auf Israel zu verhindern, sagte Al-Sisi in einem am Sonntag veröffentlichten Interview der italienischen Tageszeitung »Corriere della Sera«.

»Wir müssen die Sicherheit Israels garantieren«, sagte Al-Sisi der Zeitung. Allerdings müsse auch die Hoffnung der Palästinenser auf Schaffung eines eigenen Staates weiter genährt werden. Durch die Entsendung ägyptischer Truppen wolle Al-Sisi einen Beitrag leisten: »Sie würden der lokalen (palästinensischen) Polizei helfen und die Israelis beruhigen«. Die Idee habe er sowohl dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu als auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas vorgestellt.

Al-Sisi engagiert sich seit seinem Amtsantritt im Juni stark im Nahost-Konflikt. Kairo hatte im jüngsten Gaza-Krieg erfolgreich einen Waffenstillstand zwischen Israel und den Palästinensern vermittelt und im Anschluss eine Geberkonferenz zum Wiederaufbau des Gazastreifens abgehalten. Agenturen/nd

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -