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Gauck: SED-Führung hätte nach 1989 wie MfS behandelt werden müssen

Früherer Bundesverfassungsgerichtspräsident Papier: Linkspartei fußt auf Wählerschaft, die mit der Ignorierung der Werte des Grundgesetzes »noch nicht so richtig gebrochen hat«

  • Lesedauer: 3 Min.
Schafft der Rechtsstaat Gerechtigkeit? Um diese Frage ging es am Mittwoch bei einer Podiumsdiskussion über die Aufarbeitung des SED-Unrechts. Er hätte damals die Möglichkeiten der Justiz größer eingeschätzt, sagte dabei Bundespräsident Gauck.

Berlin. 25 Jahre nach dem Mauerfall hat Bundespräsident Joachim Gauck ein positives Resümee der Aufarbeitung des DDR-Unrechts gezogen, aber auch Versäumnisse beklagt. »Wir haben möglicherweise einen Fehler gemacht: Dass wir ein Werkzeug der regierenden Partei ernsthafter in den Blick genommen und sanktioniert haben - die Stasi - als die Parteiführung«, sagte Gauck, der nach der Wende erster Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen war, am Mittwoch bei einer Podiumsdiskussion in Berlin. Erneut äußerte er sich dabei auch zur Wahl des ersten linken Ministerpräsidenten in Thüringen.

Gauck sagte, man hätte nicht die ganze SED sanktionieren können wie es beispielsweise in Tschechien mit der führenden Partei geschehen sei. »Aber wir hätten genau definieren müssen, wer in der SED die Macht gehabt hat und die analog behandeln zur Stasi«, sagte er. »Das wäre angemessen gewesen«, betonte Gauck und ergänzte: »Ansonsten haben wir alles richtig gemacht.«

Gauck nahm an einer Podiumsdiskussion der Stiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur zur strafrechtlichen Aufarbeitung des Unrechts in der DDR teil. Dabei sagte Gauck, der in der DDR als Pfarrer in Rostock Anhänger der Opposition war, er habe zu denjenigen gehört, »die die Möglichkeiten der Justiz als größer eingeschätzt haben«.

Viele DDR-Bürger hätten gehofft, der Rechtsstaat würde »die Schuldigen bestrafen, die Mächtigen entmachten und die Entmachteten rehabilitieren und entschädigen«, sagte das Staatsoberhaupt. Die Antwort des Rechtsstaats sei für viele enttäuschend gewesen, sagte er und verwies unter anderem auf die Einstellung des Verfahrens gegen SED-Chef Erich Honecker oder die Mauerschützenprozesse. Gauck sagte, es sei kränkend erschienen, »dass etwa die Rechtsnorm, nach der vor dem Recht alle gleich sind, auch früheren Unterdrückern zugute kam«. Gerechtigkeit liege oft außerhalb dessen, was der Staat vermöge. Die Bundesrepublik habe sich darum aber sehr bemüht, betonte Gauck.

Auch mehrere Tage nach der Wahl Bodo Ramelows zum ersten linken Ministerpräsidenten erregte dies die Gemüter bei der Podiumsdiskussion. Der frühere Bundesverfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier sagte, es sei »verwunderlich«, dass eine Partei, die moralische Verantwortung für »abgrundtiefe Unrechtstaatlichkeit« im Osten Deutschlands trage, sich im vereinigten Deutschland zu einer Volkspartei etabliert habe. Auch wenn sich die Linkspartei teilweise von den Verhältnissen in der DDR distanziere, fuße sie im Grunde auf einer Wählerschaft, die mit der Ignorierung der Werte des Grundgesetzes »noch nicht so richtig gebrochen hat«, sagte Papier.

Auch die Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld (CDU), die Mitte der 90er Jahre die Grünen aus Angst vor einer möglichen rot-rot-grünen Koalition verließ, kritisierte die Wahl in Thüringen. Die Linkspartei sei Rechtsnachfolgerin der SED. Auch wenn sie sich umbenannt habe, sei es keine neue Partei, sagte Lengsfeld.

Gauck, der nach der Wahl in Thüringen Bedenken gegen einen linken Regierungschef äußerte, warb indes dafür, die konkreten Handlungen der neuen Regierung abzuwarten. Er sehe die Bemühungen um Aufarbeitung. »Sie sind mir aufgefallen«, sagte Gauck. Er erwarte nun eine große Aufmerksamkeit für Geschichtswerkstätten, Aufarbeitungsinitiativen und Curricula in der Schule. »Wenn sich dann wirklich etwas ändert, wenn Respekt wächst vor den Opfern«, hätte man viel erreicht, sagte er. Für seine Äußerungen über die Koalitionspläne in Thüringen war das Staatsoberhaupt aus den Reihen von SPD, Grünen und Linken kritisiert worden. epd/nd

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