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Grüne loben Widerstand gegen Rassismus in Görlitz

Kirche kritisiert Görlitzer Unternehmer Stöcker scharf: Zynische Äußerungen über Flüchtlinge habe viele enttäuscht / Rechtsradikale NPD gratuliert Kaufhaus-Investor zu rassistischen Ausfällen

  • Lesedauer: 3 Min.

Update 16.55 Uhr: Auch der sächsische Landesvorsitzende der Grünen, Jürgen Kasek, hat die Äußerungen des Kaufhaus-Investors Stöcker als rassistisch und menschenverachtend zurückgewiesen. Die Reaktionen aus vielen Teilen der Görlitzer Zivilgesellschaft »machen Hoffnung. Es ist gut, dass die Stadt Görlitz umgehend das Flüchtlingskonzert außerhalb des Kaufhauses ermöglicht hat. Auch die Reaktionen des Oberbürgermeisters, der Kirchen und vieler mehr machen Mut, dass Menschlichkeit vor Weihnachten 2014 in Sachsen immer noch etwas Wert ist - allen Pegida-Demonstrationen in Dresden zum Trotz«, sagte Kasek. Stöckers Hetze stehe »sinnbildlich für den Egoismus, fehlende menschliche Solidarität und Furcht vor Freiheit und allem Fremden, welche derzeit auf sächsischen Straßen demonstriert würden«- Kasek sprach von »lupenreinem Rassismus«. Die Universität Lübeck »täte wohl gut daran, nach dessen wenig humanen Äußerungen, über seine Eignung Honorarprofessor nachzudenken«, sagte der Grünen-Politiker.

Kirche kritisiert Görlitzer Unternehmer Stöcker scharf

Berlin. Die evangelische Kirche hat den Görlitzer Unternehmer Winfried Stöcker nach rassitsichen Äußerungen scharf kritisiert. Er sei über die Aussagen des Medizinprofessors und Unternehmers entsetzt, sagte der Görlitzer Generalsuperintendent der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), Martin Herche, dem Evangelischen Pressedienst am Samstag: »Mit seinen zynischen Äußerungen zu Flüchtlingen und Asylbewerbern hat er viele enttäuscht.«

Auch der katholische Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt, Oberbürgermeister Siegfried Deinege (parteilos) und Vertreter von Parteien kritisierten Stöcker. Die Linkspartei der sächsischen Stadt zeigte sich »entsetzt über die rassistischen und menschenverachtenden Äußerungen« des Mediziners und Unternehmers. Der hatte zunächst ein Benefizkonzert für Flüchtlinge in seinem Kaufhaus abgesagt - und dann in einem Interview gegen Migranten gehetzt. Die Linkspartei bezeichnete Stöckers Äußerungen als »Widerwärtigkeit«.

Die rechtsradikale NPD gratulierte dem Unternehmer in einer Pressemitteilung zu seinen Äußerungen. Gegenüber der »Sächsischen Zeitung« hatte der Unternehmer, der in Lübeck mit Labordiagnostik seine Geschäfte macht, die Absage des Benefizkonzertes für die Flüchtlinge damit begründet, dass er »den Missbrauch unseres Asylrechtes nicht unterstützen« wolle. Ihm seien »so viele ausländische Flüchtlinge nicht willkommen«, so Stöcker. Er würde »die reisefreudigen Afrikaner«, sagte er weiter, »sofort wieder nach Hause schicken«. Stöcker äußerte sich in äußerst abfälliger Weise, und erklärte, »vor zwanzig Jahren haben sich in Ruanda die Neger millionenfach abgeschlachtet. Hätten wir die alle bei uns aufnehmen sollen?« Über türkische Mitarbeiter in seinen Unternehmen sagte er, »sie haben nach meiner Auffassung kein Recht, sich in Deutschland festzusetzen und darauf hinzuarbeiten, uns zu verdrängen«. Heute seien »es schon zehn Prozent Türken in den Städten, warten Sie einmal 50 Jahre ab, dann haben sie bei uns die Mehrheit«.

Am Samstagabend war in Görlitz auch eine Andacht unter dem Motto »Barmherzigkeit ist kein Märchen« geplant, zu der Kirchengemeinden der Stadt eingeladen haben. Das von Stöcker im Kaufhaus verbotene Benefizkonzert sollte unter dem Motto »Jetzt erst recht« ebenfalls am Samstagabend auf dem Christkindelmarkt der Stadt stattfinden. Zuvor wollten Bürger der Stadt vor Stöckers Kaufhaus gegen die Äußerungen des Unternehmers protestieren. »In den letzten Wochen haben wir bewiesen, dass wir weltoffen und tolerant sind, indem viele Bürgerinnen und Bürger sich am Willkommensbündnis beteiligt haben«, so der örtliche Linkenpolitiker Mirko Schultze. »Diese Position dürfen wir nicht aufgeben.«

Stöcker hatte das Görlitzer Kaufhaus, das durch den Kinofilm »The Grand Budapest Hotel« auch weltweit bekanntgeworden ist, 2013 gekauft und eine Sanierung des Jugendstilbaus von 1913 angekündigt. Das Kaufhaus hatte 2009 den Betrieb eingestellt. epd/nd

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