Hunderte demonstrieren in München gegen Pegida
Rechtsradikale Schmierereien in Nürnberg / Sieben Demos gegen Pegida-Ableger in Leipzig / Kölner Dom schaltet »Licht aus für Rassisten« / Integrationsbeauftragte Özoguz: Pegida »ist nichts anderes als Rassismus«
Update 17.20 Uhr: Mehrere Hundert Menschen haben am Dienstag in München gegen die rechte Pegida-Bewegung demonstriert, die sich gegen Muslime und Flüchtlinge wendet. Zu einer Kundgebung an der Feldherrnhalle auf dem Odeonsplatz kamen rund 200 Teilnehmer, wie ein Polizeisprecher sagte. Dem anschließenden Protestmarsch durch die Innenstadt schlossen sich bis zu 400 Leute an. Damit fiel die Demonstration deutlich kleiner aus als erwartet. Das Motto lautete »Flüchtlinge sind bei uns willkommen«. Vor gut einer Woche hatten in München etwa 12.000 Menschen gegen Pegida protestiert.
Update 16 Uhr: In der Nürnberger Innenstadt haben Unbekannte vier Säulen des Kunstwerks »Straße der Menschenrechte« mit rechtsradikalen Parolen beschmiert. Nach Polizeiangaben vom Dienstag wurde neben rassistischen Slogans auch ein Hakenkreuz festgestellt. Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) zeigte sich empört angesichts der Schmierereien und sprach von einer schändlichen Tat. »Für fremdenfeindliche und rassistische Parolen gibt es in unserer Stadt null Toleranz. Die Straße der Menschenrechte ist ein Symbol für Frieden und die Würde aller Menschen«, sagte Maly. Die Skulptur »Straße der Menschenrechte« von 1993 soll die Verbrechen der Nationalsozialisten anklagen und zur Einhaltung der Menschenrechte weltweit mahnen. Die nun entdeckten Nazi-Parolen waren wiederum mit Papier überklebt, auf dem »Menschenrechte statt Rassismus« stand. Die Polizei ermittelt nun wegen Sachbeschädigung und Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Jene, die die rechten Parolen überklebt haben, werden als Zeugen gesucht.
Update 15.45 Uhr: Die Türkisch-Islamische Union (Ditib) hat mit Blick auf die fremdenfeindlichen Pegida-Demonstrationen mehr Solidarität mit Flüchtlingen gefordert. Jede Gesellschaft und Religion habe eine Leidensgeschichte, die mit Verfolgung, Flucht und Migration eng verwoben sei, schreibt der Ditib-Vorstandsvorsitzende Nevzat Yasar Asikoglu in einer Neujahrsbotschaft, die am Dienstag in Köln veröffentlicht wurde. Sozialer Sprengstoff entstehe dort, wo diese Geschichte in Vergessenheit gerate und »diffuse Zukunfts- und Abstiegsängste, Unzufriedenheit und Wut« auf »die vermeintlich 'Anderen'« projiziert würden. Asikoglu beklagte, die öffentliche Diskussion über den Islam in Deutschland schüre weiter Ressentiments. Das geschehe etwa, »wenn ohne jede Not und Notwendigkeit ein Politiker vor islamischen Parteien in Deutschland warnt oder Hunderte Politiker ein Burkaverbot auf die Tagesagenda setzen - einfach nur der Medienpräsenz wegen«. Der Ditib-Vorsitzende dankte den Kirchen für ihre ermutigenden und mahnenden Worte. Die Türkisch-Islamische Union mit Sitz in Köln ist mit etwa 900 Mitgliedsvereinen die größte islamische Organisation in Deutschland. Sie ist personell und strukturell eng mit der staatlichen türkischen Religionsbehörde Diyanet in Ankara verbunden.
Update 14.50 Uhr: In mehreren Städten sind im Januar Aufmärsche von Pegida-Ablegern angekündigt – und vielerorts regt sich bereits Widerstand dagegen. Ein Überblick:
Am 5. Januar hat das Pegida-Netzwerk erneut einen Aufmarsch in Dresden geplant. Der »Spaziergang« soll um 18.30 Uhr an der Cocker-Wiese starten. Das Bündnis »Dresden Nazifrei« hatte angekündigt, für den 5. Januar keine Demonstration oder eine andere große Aktion zu organisieren.
Ebenfalls am 5. Januar soll es in München einen rassistischen Spaziergang geben, angemeldet worden ist offenbar eine Demonstration unter dem Motto »Meinungsdiktatur – nein danke«. Erwartet werden 100 bis 200 Teilnehmer
In Köln hat der Pegida-Ableger Ködiga für den 5. Januar einen Aufmarsch angekündigt. Das Bündnis »Köln gegen rechts« will versuchen, diese Demonstration zu verhindern – Motto: »Pegida? Läuft nicht in Köln!« Man könne »durch entschlossene und vielfältige Blockaden« den Aufmarsch stoppen, heißt es hier.
Am 5. Januar wird in Rostock das Bündnis »Rostock nazifrei« gegen die Pegida-Bewegung protestieren. Eine Woche später, am 12. Januar, will der örtliche Ableger des islamfeindlichen und rassistischen Bündnisses aufmarschieren.
Am 10. Januar will in Bautzen die Partei »Die Rechte« aufmarschieren. Dagegen ruft das Bündnis »Bautzen stellt sich quer!« zu Protesten auf.
In Lingen hat das »Forum Juden-Christen Altkreis Lingen« am 12. Januar zu einer Demonstration aufgerufen, um »ein machtvolles Zeichen des Mutes und der Ermutigung gegen dumpfe und unüberlegte Affekte« sowie gegen die Pegida-Aufmärsche zu setzen.
In Leipzig sind aus Protest gegen den für den 12. Januar geplanten Aufmarsch des Pegida-Ablegers gleich sieben Gegenaktion angemeldet. Siehe unter anderm hier.
Update 14.20 Uhr: Die Internet-Petition gegen die Pegida-Aufmärsche hat bereits über 240.000 Unterstützer gefunden. Unter der Überschrift »Für ein buntes Deutschland« sollen »eine Million Unterschriften« gegen Rassismus und Islamfeindlichkeit gesammelt werden, lautet das Ziel der Petition. »Tausende von Bürgern treten auf die Straße und lassen ihrer Enttäuschung und Wut freien Lauf, ,geführt‘ und verführt von Demagogen«, heißt es in der Begründung des Appells, der sich an die gesamte Republik richtet. Lobend werden die Aktionen erwähnt, bei der bereits Tausende gegen Pegida und »dieses unmenschliche und unverantwortliche Konglomerat zwischen dem rechten Rand und der bürgerlichen Mitte protestiert« haben. Die Petition kann hier im Internet unterzeichnet werden.
Update 14.10 Uhr: Der Widerstand gegen den Leipziger Ableger der Pegida-Bewegung nimmt immer konkretere Formen an. Knapp zwei Wochen vor der geplanten Demonstration des Bündnisses »Leipzig gegen die Islamisierung des Abendlandes« sind bereits sieben Gegendemonstrationen angemeldet worden, wie die »Leipziger Volkszeitung« meldet. Das Ordnungsamt teilte der Zeitung am Montagabend mit, dass mehr als 5.000 Gegendemonstranten in der Messestadt erwartet werden. »Legida« will am 12. Januar erstmals in Leipzig demonstrieren. Das Bündnis ist Ableger der rechten Pegida-Initiative. Zum Protest gegen »Legida« haben unter anderem Kirchen und das Aktionsnetzwerk »Leipzig nimmt Platz« aufgerufen. Nach Angaben der »Leipziger Volkszeitung« will auch Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) an dem Gegenprotest teilnehmen.
Update 14 Uhr: Während der geplanten Pegida-Demonstration am 5. Januar in Köln wird am Kölner Dom die Außenbeleuchtung abgeschaltet. »Die Hohe Domkirche möchte keine Kulisse für diese Demonstration bieten«, erklärte Dompropst Norbert Feldhoff am Dienstag. Von 18.30 bis 21 Uhr soll der Dom daher dunkel bleiben. Damit folge man dem Beispiel der Semperoper in Dresden, die während der letzten dortigen Pegida-Kundgebung demonstrativ die Beleuchtung abgeschaltet hatte. In Köln ruft ein Bündnis unter dem Motto »Licht aus für Rassisten« dazu auf, während der geplanten Demonstration am 5. Januar die Innen- und Außenbeleuchtung von Gebäuden abzuschalten.
Özoguz: Pegida ist nichts anderes als Rassismus
Berlin. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), wirft der islamfeindlichen Pegida-Bewegung Rassismus vor. »Es ist überhaupt nicht legitim, seinen Frust an Sündenböcken auszulassen und pauschal alle Angehörigen einer Religion zu diskriminieren - und genau das macht Pegida mit den Muslimen«, sagte Özoguz der Zeitung »Die Welt«. Den Pegida-Anhängern gehe es längst nicht mehr um Islamismus, »da geht es um alle Muslime: Und das ist nichts anderes als Rassismus«.
Außerdem sei sie das im Zusammenhang mit den Demonstrationen vorgebrachte Argument leid, man habe nicht über Integrationsprobleme und Parallelgesellschaften reden dürfen, sagte Özoguz. »Nach meiner Wahrnehmung reden wir seit vielen Jahren intensiv darüber.« Die Pegida-Bewegung und die Stimmung, die sie verbreitet, »beunruhigen mich«, unterstrich die Integrationsbeauftragte. Das sei auch eine Erkenntnis aus den vielen Gesprächen in ihrer Familie gewesen, ergänzte sie. »Viele machen die Erfahrung, dass offenbar Pöbeleien und Beschimpfungen salonfähig werden.«
Seit mehreren Wochen veranstalten die »Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes« (Pegida) in Dresden und anderen Städten Deutschlands Kundgebungen, die sich vor allem gegen Muslime und Zuwanderer richten. Nach Auffassung von Özoguz ist es deshalb »unsere politische Pflicht zu erklären, warum die Flüchtlinge kommen und warum wir sie aufnehmen«. Ihr mache aber Hoffnung, dass viele Menschen ihre Ängste überwunden hätten und den Flüchtlingen helfen wollten. Zudem müsse man »klarmachen, dass Deutschland auf Einwanderung angewiesen ist und es bei uns sehr eindeutige Regeln für Einwanderung gibt«, betonte Özoguz. Agenturen/nd
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