EU-Kommission: Euro-Mitgliedschaft unwiderrufbar

Wagenknecht: Gabriel ist zynisch / SYRIZA-Forderung: Wirtschaftsminister lehnt Schuldenerlass ab / Bundeswirtschaftsminister verlangt Fortsetzung des Spardiktats: »Wir sind nicht erpressbar« / Unionspolitiker: Wird keine Lex Griechenland geben

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Update 13.45 Uhr: In der Debatte um einen möglichen Ausstieg des hochverschuldeten Griechenlands aus der Eurozone hat die EU-Kommission an europäisches Recht erinnert. Der EU-Vertrag lege fest, »dass die Mitgliedschaft im Euro unwiderrufbar ist«, sagte eine Sprecherin der Behörde am Montag in Brüssel. »Der Euro ist da, um zu bleiben. Der Euro hat seine Belastungsfähigkeit bewiesen«, sagte sie mit Blick auf die Schuldenkrise in den vergangenen Jahren. Sie ging nicht im Detail auf Griechenland ein. »Wir kommentieren keine Gerüchte und Spekulationen.«

Unterdessen war die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der LINKEN, Sahra Wagenknecht, der Bundesregierung vor, die griechischen Wahlen beeinflussen zu wollen. »Mit der Erpressung, dass Griechenland im Falle eines Wahlsiegs von Syriza aus dem Euro fliegt, will man den Leuten Angst machen«, sagte Wagenknecht der »Saarbrücker Zeitung« in der Morgen erscheinenden Ausgabe.

Die Politik, die die Troika Athen seit Jahren diktiere, habe das Land ruiniert, behauptet Wagenknecht. Die Griechen hätten im Schnitt 40 Prozent ihres Einkommens verloren, die Arbeitslosigkeit sei extrem hoch. »Jetzt wie Sigmar Gabriel zu sagen, spart mal tüchtig weiter, ist zynisch.«

Die LINKEN-Politikerin stellte sich hinter die Forderung von Syriza-Chef Tsipras nach einem Schuldenschnitt. Dieser müsse mindestens die Hälfte der Staatsschulden umfassen. »Wenn man die Menschen immer ärmer macht, kommt das Land nie aus dem Teufelskreis heraus.« Langfristig schloss Wagenknecht allerdings die Wiedereinführung der Drachme nicht aus. Jedoch müsse es dann seitens der EZB Unterstützung geben, um die Währung zu stabilisieren. Ein unkontrollierter Austritt würde nach Wagenknechts Einschätzung in Griechenland zu Hyperinflation und einer extremen Verteuerung aller Importe führen und zugleich die Spekulation gegen andere Euro-Länder mit hohen Schulden wieder anheizen. »Einfach ist das also nicht und kostenlos auch nicht. Und schon gar nicht eignet sich das als billiges Wahlkampfmanöver«, erklärte Wagenknecht.

Update 13.30 Uhr: Die Bundesregierung hat den Vorwurf zurückgewiesen, sie wolle sich in den laufenden Wahlkampf in Griechenland einmischen. »Wir respektieren die souveräne Entscheidung der griechischen Wähler und warten jetzt einmal ab«, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Seibert bekräftigte, es gebe keinen Kurswechsel in der Politik gegenüber Athen.

Am Wochenende hatten Berichte für Wirbel gesorgt, Berlin halte bei einem Sieg des Linksbündnisses von Alexis Tsipras bei der Parlamentswahl am 25. Januar einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone für verkraftbar. Den entsprechenden Bericht des »Spiegel« wollte Seibert aber auch nicht ausdrücklich dementieren. Er wolle sich zu »spekulativen Szenarien« nicht äußern, sagte er.

Seibert betonte, dass sich die Lage der Eurozone in den letzten Jahren stabilisiert habe. »Es ist gelungen, seit 2012 effektive Mechanismen zu schaffen, die Vertrauen schaffen und Ansteckungseffekte lindern können.«

Eine weitere Stärkung der Eurozone insgesamt bleibe das Ziel der Bundesregierung. Griechenland habe langfristige Kredite erhalten, aber auch die Reform-Verpflichtungen Athens seien langfristig und gingen über die aktuelle Legislaturperiode hinaus. Eine Sprecherin des Finanzministeriums sagte: »Wir erwarten, dass Griechenland sich an die Verträge hält.«

Update 9.15 Uhr: Der CDU-Politiker und Europaparlamentarier Elmar Brok hat Griechenland mit dem Zudrehen des Brüsseler Geldhahnes gedroht, sollte Athen nach der Neuwahl den Spar- und Reformkurs verlassen: »Dann wird es ohne die Erfüllung der Bedingungen keine weitere Unterstützung geben. Das muss völlig klar sein«, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament am Montag im ZDF-»Morgenmagazin«. Man wolle nicht, dass Griechenland aus dem Euro austritt, beteuerte der CDU-Politiker. Allerdings müsse dem Vorsitzenden der in Umfragen führenden linken SYRIZA, Alexis Tsipras, klar sein, »dass er nicht die Europäische Union erpressen kann mit seinen Forderungen«, so Brok. Tsipras könne nicht »alles erlassen bekommen und dann keine Reformmaßnahmen mehr durchführen«.

Update 9 Uhr: Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter hat die Debatte über einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Eurozone als »unverantwortlich« bezeichnet. »Ich halte das für eine unverantwortliche Diskussion«, sagte Peter am Montag im ZDF-Morgenmagazin. »Wir haben eine Solidargemeinschaft, es muss darum gehen zu stabilisieren.« Vor allem müssten auch die wirtschaftlichen Konsequenzen bedacht werden, forderte Peter. Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone könne auch Folgen für andere Länder haben, etwa Italien und Portugal. Es sei wichtig, eine »Diskussion nach vorne zu führen«.

Die Griechen müssten »ihre Reformanstrengungen selber stemmen, aber sie müssen auch wieder Möglichkeiten haben zu investieren«, sagte die Grünen-Vorsitzende. Peter kritisierte auch den Zeitpunkt der Diskussion über einen möglichen Euro-Austritt Griechenlands kurz vor der Parlamentswahl am 25. Januar. »Die Griechen sind nun gefordert zu wählen, sie wissen, worum es geht«, sagte sie. »Die Griechen müssen ihre eigene Möglichkeit haben zu bestimmen, wen sie an die Regierung wählen.« Es sei wichtig, dass die Griechen die Reformprozesse weiter voranbringen, sagte Peter. Zugleich müssten die bereits erfolgten Reformen anerkannt werden. »Die Reformanstrengungen, die schon gemacht wurden, dürfen jetzt nicht konterkariert werden durch eine Diskussion, dass Griechenland austritt«, fügte sie hinzu.

Update 8 Uhr: Der österreichische Grünen-Politiker Michel Reimon hat die Äußerungen der Bundesregierung über ein mögliches Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro als »Pokerspiel auf sehr hohem Niveau« bezeichnet. Reimon kritisierte im Deutschlandfunk den drastischen Sparkurs. »Was wir brauchen, ist eine Umschichtung der Vermögen, eine Entlastung der Ärmsten«, sagte der Europapolitiker. Griechenland brauche Geld, um die Binnennachfrage zu steigern. Reimon nannte es richtig, Widerstand gegen den »brutalen« Sparkurs zu leisten und sagte, ein Kompromiss in der Frage der Schulden sei auch mit SYRIZA-Chef Alexis Tsipras möglich.

Unionspolitiker: Wird keine Lex Griechenland geben

Berlin. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat der Forderung der linken SYRIZA in Griechenland, im Falle eines Wahlsieges mit den Geldgebern der Troika aus EZB, IWF und EU einen Schuldenerlass verhandeln, eine Absage erteilt. Die Bundesregierung poche gegenüber der künftigen griechischen Regierung »egal wer sie stellt«, dass die getroffenen Vereinbarungen eingehalten werden. Die so genannte Strukturreformen, die im Gegenzug für finanzielle Hilfen vereinbart wurden, beinhalteten massive Sozialkürzungen, eine Deregulierung des Arbeitsmarktes, massive Verschlechterungen der sozialen Mindeststandards und die Verringerung des Staatsdefizites.

Gabriel sagte der »Hannoverschen Allgemeinen Zeitung«, es sei das »Ziel der gesamten Bundesregierung, der EU und der Regierung in Athen selbst«, Griechenland »in der Eurozone zu halten«. Es gebe, so der SPD-Vorsitzende weiter, »keine gegenteiligen Pläne«. Gabriel schloss sich aber den Stimmen an, die ein Ausscheiden Griechenlands als nicht mehr so schlimm bezeichneten. Die Eurozone sei heute wesentlich stabiler und widerstandsfähiger als noch vor einigen Jahren. »Deshalb sind wir übrigens auch nicht erpressbar«, so Gabriel in Richtung Athen.

Auch Bayerns Finanzminister Markus Söder fordert ein Beibehalten des Sparkurses: »Für mich ist klar, es gibt keinen Schuldenerlass und keine Rabatte, nur weil jetzt eine neue Regierung kommt«, sagte der CSU-Politiker der »Süddeutschen Zeitung«. »Es wird keine Lex Griechenland geben.« Zugleich warnte er vor voreiligen Schritten. Zwar habe er einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone schon früher nicht als »Schreckensszenario« empfunden. »Man hat sich aber damals bewusst für einen anderen Weg entschieden. Den muss man zunächst seriös weiter beschreiten.«

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber sagte der »Welt«: »Wenn die Griechen unter einem möglichen Regierungschef Tsipras wieder zum alten Schlendrian zurückkehren wollen, dann sollen sie das machen, das ist eine souveräne Entscheidung des griechischen Volkes - aber dann wird es keine Hilfen der EU mehr geben.«

Aus Sicht des CDU-Haushaltspolitikers Norbert Barthle wären die Risiken eines Austritts Griechenlands aus der Eurozone überschaubar. »Wir haben jetzt höhere Brandmauern. Die Ansteckungsgefahr im Falle eines Austritts auf andere Länder ist nicht mehr so hoch«, sagte er der »Passauer Neuen Presse«. Grundsätzlich sei man aber an einem Verbleib der Griechen im Euroraum interessiert. Diese hätten es selbst in der Hand: »Solidarität gibt es nur gegen Solidität.«

Dagegen warnte SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider im »Kölner Stadt-Anzeiger«: »Ein Griechenland-Austritt aus dem Euro würde den Bundeshaushalt schwer belasten und die fragile wirtschaftliche Lage in der Eurozone weiter beschädigen.« Der Chef des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, warnte in der »Rheinischen Post« ebenfalls: »Ein Austritt wäre mit erheblichen Risiken behaftet, vor allem für Griechenland selbst, aber auch den Rest der Eurozone.«

Drei Wochen vor der Neuwahl war am Wochenende eine Diskussion über einen Euro-Austritt des Krisenlandes entbrannt. Nach einem »Spiegel«-Bericht hält die Bundesregierung dies inzwischen für verkraftbar. Dementiert wurde das weder vom Kanzleramt noch vom Finanzministerium. Allerdings bestritt ein Regierungssprecher, dass das eine Kursänderung in der deutschen Politik bedeute.

Die Linkspartei hatte hatte angesichts neuer Debatten über ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro von Erpressung gesprochen. Der Vorsitzende Bernd Riexinger sagte dem »Handelsblatt«, »solche Meldungen aus dem Herzen der Bundesregierung können in Athen einen Bankrun provozieren. Das ist organisierte Verantwortungslosigkeit.« Verkraftbar sei ein »Grexit« heute »nur für das Spekulationskartell an den Finanzmärkten, weil inzwischen die ganze Rechnung bei den europäischen Steuerzahlern landen würde«. Die Koalition »lanciert mit dieser gezielten Indiskretion eine Bombe, die in Griechenland die Krise eskaliert. Mit dieser Art öffentlicher Erpressung wird Griechenland gezielt vor den Wahlen destabilisiert«. nd/Agenturen

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