Keine Schmiere für Waffengeschäfte
Der Preisverfall auf dem Erdölmarkt lässt in Nahost auch Rüstungsausgaben schrumpfen
Erstmals seit fast sechs Jahren ist der Preis für das Nordsee-Rohöl der Sorte Brent in den vergangenen Tagen unter 50 Dollar je Fass (159 Liter) gerutscht und traf dort auf die US-amerikanische Sorte WTI, die schon zuvor unter diese wirtschaftspsychologisch wichtige Marke abgestürzt war. Auch wenn es am Donnerstag wieder leicht nach oben ging, setzten die Ölpreise ihre Talfahrt Anfang des neuen Jahres erst einmal fort. Seit dem vergangenen Sommer haben sie sich auf dem Weltmarkt mehr als halbiert. Vor allem durch die stark gestiegene Förderung in Staaten außerhalb der Organisation für Erdöl exportierende Länder (OPEC) wurde laut Schätzungen von Energieagenturen ein riesiges Überangebot von 1,5 Millionen Barrel am Tag geschaffen, wobei der - wegen der gesunkenen Preise inzwischen wieder abklingende - Fracking-Boom in den USA eine große Rolle spielte.
Aber auch Saudi-Arabien hat mit seinem Kurs Anteil an der Entwicklung. Statt wie bei ähnlichen Phasen in der Vergangenheit die Produktion einzuschränken, versuchen die Scheichs nun durch eine konstant hohe Förderung unliebsame Wettbewerber aus dem Markt zu drängen und haben die offiziellen Verkaufspreise für Europa wie die USA für Februar noch einmal deutlich gesenkt. Selbst bei vermuteten Devisenreserven in Höhe von 750 Milliarden Dollar eine durchaus riskante Strategie. Bei der Präsentation des Haushaltes für 2015 jedenfalls ließ die Regierung in Riad wissen, dass man Ausgaben »rationalisieren« wolle, ohne aber Details zu nennen.
Rüstungsexperte Pieter Wezeman vom Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI geht davon aus, dass der Rückgang der Erdöleinnahmen auf jeden Fall Auswirkungen auf die Rüstungsausgaben im konfliktreichen Nahen Osten haben werde - was die internationale Friedensbewegung, die mit einer weltweiten Abrüstungskampagne die Staaten zur Verringerung ihrer Militäretats bringen will, freuen dürfte. Hängen Israel und Ägypten vor allem am Tropf der Washingtoner Militärhilfe, bezahlen die Golfmonarchien Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate (VAE), Kuwait, Katar, Oman und Bahrain ihre massiven Waffenkäufe aus den Öleinnahmen. Saudi-Arabien etwa lag nach SIPRI-Angaben 2013 mit 67 Milliarden Dollar Rüstungsausgaben weltweit an vierter Stelle. Selbst die kleinen Vereinigten Emirate verpulverten 19 Milliarden Dollar. Auch deutsche Waffenschmieden sind dort gut im Geschäft. So wurden allein im Vorjahr über 18 000 Sturmgewehre und Patrouillenboote nach Saudi-Arabien geliefert, ein Staat mit »sehr schlechter Menschenrechtssituation«, wie der jüngste Rüstungsexportbericht der deutschen Kirchen kritisiert. Laut Schätzungen des Marktforschungsinstituts »Forecast International« werde das jährliche Wachstum der Militärausgaben in Nahost nach zuletzt durchschnittlich 8,45 Prozent nun zwischen 2014 und 2019 auf 3,48 Prozent schrumpfen.
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