Mietwohnung gegen Schultüte

SPD und CDU vereinbarten auf ihrer Senatsklausur Investitionen in Bildung, Wohnungen und Personal

  • Sarah Liebigt und Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Die CDU gab ihre Ablehnung eines Umwandlungsverbots von Miet- in Eigentumswohnungen auf, dafür stimmte die SPD einer Einschulung ab dem 6. Lebensjahr zu.

Mehr Investitionen in Schulen und Bäder, die Sanierung maroder Schultoiletten, mehr bezahlbare Wohnungen: Das sind einige Beschlüsse der Berliner rot-schwarzen Koalition. In ihrer Arbeitsklausur einigten sich SPD und CDU am Donnerstag ferner nach zwölfstündigen Beratungen auf ein Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen.

Finanziert werden könnten die einzelnen Projekte durch einen deutlichen Haushaltsüberschuss von 826 Millionen Euro in 2014. Während die CDU beim Umwandlungsverbot nachgab, kam ihr die SPD bei der Früheinschulung entgegen. Vom Schuljahr 2017/2018 an werden Berliner Kinder wieder erst vom 6. Lebensjahr an schulpflichtig. Derzeit werden sie schon mit fünfeinhalb Jahren eingeschult, was der CDU immer ein Dorn im Auge war. In den Übergangsjahren 2016 und 2017 werden Kinder auf Wunsch der Eltern ohne Prüfung von der frühen Einschulung zurückgestellt.

Die landeseigene Immobiliengesellschaft Berlinovo soll bis 2020 rund 2500 studentische Wohnungen bauen. Zudem wird laut Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) geprüft, ob Berlinovo künftig auch Flüchtlingsheime bauen könnte.

Die Fraktionsvorsitzenden der Grünen begrüßten »die längst überfällige, von uns geforderte Umwandlungsverordnung«. Diese müsse »nun zügig auf den Weg gebracht werden«, forderten Antje Kapek und Ramona Pop. Die Grünen bemängelten zudem, dass der »Senat sich bei der Integration von Flüchtlingen kaum zu konkreten Maßnahmen durchringen konnte«.

Die Linkspartei kritisierte die Ergebnisse der Senatsklausur als »stadtpolitisches Klein-Klein«. Die haushaltspolitische Sprecherin Manuela Schmidt: »SPD und CDU gelang es nicht, den außergewöhnlichen Haushaltsüberschuss des letzten Jahres für Schwerpunktinvestitionen in die wachsende Stadt zu nutzen. Stattdessen wird die Hälfte der Mehreinnahmen unnötig im Altschuldenloch versenkt und der Rest mit der Gießkanne für diverse Infrastrukturmaßnahmen verteilt.«

Der Berliner Mieterverein hofft, dass das Umwandlungsverbot jetzt schnell vom Senat beschlossen wird. »Der Schutz vor Umwandlungen kommt spät, aber er ist weiterhin dringend erforderlich«, betonte Geschäftsführer Reiner Wild. Wenn die Bezirke in ihren Milieuschutzgebieten zukünftig die Umwandlung in Eigentumswohnungen untersagen, werde dies auch einen Schutz vor teuren Modernisierungen bedeuten. Denn für viele Investoren beinhaltet das Bewirtschaftungskonzept die Refinanzierung der teuren und mieterverdrängenden Modernisierung durch den Verkauf umgewandelter Wohnungen. Ein deutlicheres Signal hätte sich der Mieterverein bei der Wohnungsbauförderung gewünscht.

Erfreulich sei laut Senat der große Überschuss aus 2014. Gemäß einem Koalitionsbeschluss soll künftig die Hälfte dieses Überschusses zur Schuldentilgung und die andere Hälfte für Investitionen eingesetzt werden. Auch 66 Millionen Euro aus einbehaltenen BAföG-Mitteln stehen den Angaben zufolge für Investitionen bereit, da der Bund künftig das BAföG finanziere. Müller versprach, im kommenden Doppelhaushalt 2016/2017 Mittel für die Sanierung der oft heruntergekommenen Schultoiletten bereitzustellen.

Mit Blick auf das Personal fielen die Beschlüsse nicht so üppig aus. Die Bezirke, die angesichts drastischen Personalmangels in vielen Ämtern 1200 zusätzliche Stellen gefordert haben, bekommen jetzt erst einmal 90: die Bürgerämter 31 und die Transferkostenstellen in den Sozialämtern 59. Ohne Zahlen zu nennen, kündigte Innensenator (CDU) Henkel an, dass auch für Polizei und Feuerwehr mehr Stellen vorgesehen seien.

Zufrieden mit den Resultaten der Klausur ist die Gewerkschaft der Polizei (GdP). »Dass Polizei, Feuerwehr und Bürgerämter mit mehr Personal ausgestattet werden sollen, ist höchst erfreulich. Allerdings muss man einschränkend hinzusetzen, dass es auch Zeit wurde, dass der landläufigen Erkenntnis über Personalmangel im öffentlichen Dienst endlich Taten folgen«, sagte GdP-Landesbezirksvorsitzende Kerstin Philipp am Freitag in einer ersten Reaktion. »Eine langjährige Forderung der GdP wird nun erfüllt.« mit dpa

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