Linke Kursfragen
Was die Strömungen beraten - über sich und die Partei als Ganzes
Europa, Landespolitik, Regierungsbeteiligung, Opposition: Das Podium zum Auftakt der Bundesversammlung der »Sozialistischen Linken« am Freitagabend brachte Menschen zur Diskussion zusammen, die für einige der zurzeit wichtigsten Themen der Partei stehen: den Europaabgeordneten Fabio Di Masi und die Thüringer Fraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow, die Hamburger Bürgerschaftsvertreterin Kersten Artus und die Brandenburger Landtagsabgeordnete Isabelle Vandré. »Wie weiter für DIE LINKE?«, so die Überschrift - die praktisch immerwährend große Frage der Partei.
Denn es verändern sich nicht nur die Bedingungen, unter denen Politik betrieben werden soll. Mit den sich verändernden Voraussetzungen muss immer wieder auch neu austariert werden, wie auf den ersten Blick Widersprüchliches - Opposition und Regierungspartei, Bewegungsfixierung und Öffnung hin zur Gesellschaft etc. - in einer gemeinsamen Strategie verbunden werden kann.
Die Zeit ist insofern günstig, als dass in diesem Jahr »nur« zwei Wahlen stattfinden - in Hamburg und Bremen. Anfang übernächster Woche kommt die Bundestagsfraktion zur Klausur zusammen, Ende April will die Linkspartei auf einem Kongress in Berlin über die Zukunft beraten.
Die »Herausforderungen«, die auf dem Treffen der »Sozialistischen Linke« zur Sprache kommen sollen, reichen denn auch über eine enorme Bandbreite von der Krise des politischen Systems und dem Erstarken des Rechtspopulismus, den Entwicklungen in der Ökonomie bis zu den Debatten innerhalb der Linkspartei und über Rot-Rot-Grün. Auch der Sprecherrat wird neu gewählt. Und: Es liegt ein Antrag aus Nordrhein-Westfalen vor, der nicht nur selbstkritisch die Arbeit der »in der Tradition des Marxismus und Linkskeynesianismus« stehenden Strömung bilanziert, sondern auch die Kooperation mit einer anderen Strömung infrage stellt: der Antikapitalistischen Linken (AKL).
Es seien »nicht unbedingt diejenigen, die am lautesten ›links!‹ rufen«, die dann »auch politische Prioritäten im Sinne der Mehrheit der Menschen, im Sinne der Lohnabhängigen und der sozial Benachteiligten setzen«, heißt es in dem Papier - das sich gegen eine Fortsetzung der »Aktionseinheit mit der AKL« ausspricht. Diese sei »programmatisch, strategisch und personalpolitisch keine Partnerin, um eine linke Orientierung auf Höhe der Zeit in der Partei durchzusetzen«.
Dass sich die Antikapitalistische Linke am selben Wochenende ebenfalls in Berlin trifft, ist kein Zufall, sondern hat etwas mit der Luxemburg-Liebknecht-Demonstration am Sonntag zu tun. Die Mitgliederversammlung der AKL will sich unter anderem über den »Aufbau der LINKEN« verständigen, auch hier wirft man einen Blick voraus auf den Zukunftskongress, den möglichen Streik der Erzieher sowie auf die Fortsetzung der Blockupy-Proteste.
Geplant ist zudem eine Diskussion über, natürlich: Regierungsbeteiligungen. Im Vorspruch zu einem Reader der AKL wird der Umgang damit als »Schlüsselfrage der Arbeiterbewegung« bezeichnet - auch innerhalb der AKL gibt es zu der unterschiedliche Auffassungen. Die einen lehnen Koalitionen prinzipiell ab, andere machen sie von Bedingungen (»rote Haltelinien«) abhängig.
Bereits im Dezember hatte sich das Forum demokratischer Sozialismus getroffen. Man verständigte sich in Berlin unter anderem über die anstehenden Landtagswahlen, über den Zukunftskongress sowie über »die dringend notwendige Parteireform«. Während die Linksreformer die Wahl Bodo Ramelows in Thüringen begrüßt haben und »die gesamte Partei« aufriefen, »sich in diesem neuen politischen Projekt zu engagieren«, waren in der Kommunistischen Plattform (KPF) insbesondere die geschichtspolitischen Formulierungen der rot-rot-grünen Regierungsvereinbarung auf Kritik gestoßen. Auch die KPF hatte sich bereits im Dezember zu einer Bundeskonferenz getroffen. Man werde weiterhin, so heißt es in einem Beschluss, das Erfurter Programm der Partei verteidigen - dies gelte auch für »den Kampf um eine differenzierte Sicht auf unsere Geschichte«.
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