Progressiv und charismatisch
Alexis Tsipras wird nicht nur als Chef der Linkspartei SYRIZA streng beobachtet. Mit Charisma und überzeugendem Auftreten verschafft er sich seine Zuhörer.
»Schreckgespenst«, »gefährlichster Mann in Europa«, »Athens Che Guevara« - kaum ein Politiker kann wohl mit gerade einmal 40 Jahren schon auf so viele Beschimpfungen und Vergleiche seines Egos mit historischen Persönlichkeiten zurückblicken. In einem sind sich die Kommentatoren jedoch einig: Alexis Tsipras ist ein glänzender Redner, hat ein sympathisches Auftreten und verfügt über politisches Geschick. Bis der griechische Linkspolitiker ein hohes politisches Amt erreicht, ist es also nur eine Frage der Zeit.
Daran arbeitet der gebürtige Athener selbst seit Jahren. Als Schüler beteiligte sich Tsipras an Protesten und Besetzungen, organisiert war er damals noch bei der kommunistischen Jugend. Doch bereits wenig später wechselte er in die Reihen der Nachwuchsorganisation von Synaspismos, der Linkspartei, die im Juni 2013 in SYRIZA aufging.
Landesweit sorgte Tsipras erstmals für Aufsehen, als er 2006 bei der Bürgermeisterwahl in Griechenlands Hauptstadt auf den dritten Platz kam. Angeleitet hatte ihn der damalige Synaspismos-Chef Alekos Alavanos. Dessen Posten übernahm Tsipras 2008. Seine politische Versiertheit bewies er endgültig, als er auf Abstand zu Alavanos und seinen Gefolgsleuten in der Frage der Euromitgliedschaft Griechenlands ging und innerparteilich die Mehrheit dafür erstritt, dass Hellas in EU und Euro bleibt. Sein Pragmatismus bei wichtigen Entscheidungen und seine gleichzeitig erfrischende Art brachten ihm immer mehr Sympathien ein. Unter der Leitung von Tsipras wurde aus dem Wahlbündnis SYRIZA eine Partei, die bei der Europawahl im Mai 2014 erstmals zur stärksten Kraft in Griechenland bestimmt werden sollte.
Dass Tsipras nicht der Revoluzzer und Blender ist, als den ihn viele konservative Politiker und Medien immer wieder darstellen, zeigt aber auch seine menschliche Standhaftigkeit. Der studierte Bauingenieur lebt mit seiner Jugendliebe und seinen zwei Söhnen in Athen, fährt gern Mofa und verzichtet auf Krawatten. Wie die Wahl am 25. Januar auch ausgeht, Tsipras hat Griechenlands politische Landschaft schon stärker verändert als viele vor ihm. Das könnte ihn schließlich doch zum Revolutionär machen.
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