Was besagt die beschlossene Neuregelung?
Fragen & Antworten zur doppelten Staatsbürgerschaft
In Deutschland geborene Zuwandererkinder dürfen seit Ende Dezember 2014 neben der deutschen Staatsbürgerschaft auch dauerhaft die ihrer Eltern haben. Die im Sommer beschlossene Rechtsänderung ist in Kraft getreten. Allerdings gibt es bestimmte Auflagen.
Wie war die Rechtslage bisher?
Kinder ausländischer Eltern, die in Deutschland geboren sind, bekamen zunächst zwei Staatsangehörigkeiten: die deutsche und die ihrer Eltern. Sie mussten sich aber bis zum 23. Geburtstag für einen der beiden Pässe entscheiden. »Optionspflicht« im Behördendeutsch genannt. Die Regelung gilt seit dem Jahr 2000 und rückwirkend für alle, die seit 1990 in Deutschland auf die Welt gekommen sind. Es gab aber viele Ausnahmen - für EU-Bürger und Dutzende andere Nationalitäten war der »Doppelpass« kein Problem.
Wer profitiert von der nun sanktionierten Neuregelung?
Wer in Deutschland geboren und auch aufgewachsen ist, muss sich nicht mehr zwischen zwei Pässen entscheiden, sondern kann beide auf Dauer behalten. In den allermeisten Fällen profitieren Kinder aus türkischen Familien von der Regelung.
Welche Voraussetzungen müssen für diese Regelung erfüllt sein?
Bis zum 21. Geburtstag muss der Antragsteller mindestens acht Jahre in Deutschland gelebt haben oder sechs Jahre hier zur Schule gegangen sein. Als Nachweis reichen auch ein deutscher Schulabschluss oder ein Ausbildungszeugnis. Liegen die Belege vor dem 21. Geburtstag nicht vor, schauen die Behörden danach selbst ins Melderegister, ob die Person acht Jahre in Deutschland gemeldet war. Ist das so, wird nichts weiter geprüft. Anderenfalls müssen die Betroffenen Nachweise erbringen.
Was ist mit denen, die vor 1990 geboren wurden?
Sie gehen leer aus. Auch weiterhin gilt nur für Kinder aus Zuwandererfamilien, die seit 1990 in Deutschland geboren sind, dass sie mit der Geburt automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen - neben der ihrer Eltern. Für ältere Geschwister sind zwei Pässe weiter nicht erreichbar, für die Elterngeneration auch nicht.
Was ist mit denen, die nach der alten Regelung zunächst beide Pässe hatten, sich aber dann für einen entscheiden mussten?
Sie können die Entscheidung quasi rückgängig machen. Haben sie sich für die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern und gegen die deutsche entschieden, können sie wieder eingebürgert werden. Haben sie sich entschieden, Deutsche zu sein und den ausländischen Pass aufzugeben, können sie den Wiedererwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit betreiben und dazu eine Genehmigung erhalten.
Wie viele Menschen betrifft die neue Regelung?
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums 500 000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene.
Wie kam der Kompromiss zustande?
Das Thema ist seit vielen Jahren umstritten. Die Union lehnte den Doppelpass stets ab. Im Bundestagswahlkampf 2013 war die SPD mit dem Versprechen angetreten, die bisherige Regelung komplett abzuschaffen. In den Koalitionsverhandlungen fanden beide Seiten einen Kompromiss. Allerdings rutschte eine Formulierung in den Koalitionsvertrag, über die es hinterher wieder Streit gab: Die Optionspflicht soll wegfallen für jene Kinder ausländischer Eltern, die in Deutschland geboren »und aufgewachsen« sind. Schließlich einigte man sich, das etwa über Schulzeugnisse nachzuweisen und den bürokratischen Aufwand für Betroffene möglichst gering zu halten. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.