Potsdam schreibt den Titel ab

Turbines Fußballerinnen verlieren 1:5 beim 1. FFC Frankfurt

  • Frank Hellmann, Frankfurt am Main
  • Lesedauer: 3 Min.
Erst sollte das Spiel wegen Bodenfrost abgesagt werden, dann lief es doch. Nicht so gut jedoch für Turbine. Bernd Schröder war sauer: »Das war unter aller Würde«, sagte Potsdams Trainer nach der derben Pleite bei den Frankfurterinnen.

Am Anfang stand bei einigen Frankfurter Fußballerinnen der Wunsch nach einer Absage, am Ende standen sie Hand in Hand vor den feiernden Fans: Mit einem in dieser Höhe nie für möglich gehaltenen 5:1 (3:0)-Heimsieg gegen den Erzrivalen Turbine Potsdam herrschte beim 1. FFC Frankfurt auf der Baustelle am Brentanobad beinah so gute Laune wie auf dem Faschingsumzug in der Innenstadt. Dabei hatte es am Morgen zunächst so ausgesehen, als sollte der Klassiker der Frauen-Bundesliga in einer Posse enden: Wegen des über Nacht gefrorenen Bodens pfiff Schiedsrichterin Moiken Wolk aus Worms zunächst um elf Uhr nicht an. Schier endlose Debatten aller Beteiligten folgten, und speziell beim Gastgeber plädierten etliche Protagonisten darauf, dass die Spielfläche unbespielbar, weil nur leicht angetaut sei.

Schlussendlich mit einstündiger Verspätung ging das Spitzenspiel vor den Augen der Bundestrainerin Silvia Neid über die Bühne, und FFC-Trainer Colin Bell meinte hinterher: »Um elf Uhr hätten wir nicht spielen können. Gut, dass die Schiedsrichterin so besonnen geblieben ist.« Bernd Schröder meinte hinterher, ein Spielausfall wäre »der Witz der Nation« gewesen. Es ehrte das Turbine-Urgestein, dass er die Verzögerung nicht für den schlimmen Ausrutscher verantwortlich machte. »Der Platz war wunderbar. Es war richtig zu spielen. Nur wie wir gespielt haben, das hat nichts mit dem Titelrennen zu tun.« Der 72-Jährige war stocksauer: »Das war Lichtjahre von dem entfernt, was ich mir wünsche. Das war unter aller Würde.« Er vertrat vehement die These, dass sich der sechsfache Meister »mit der schlechtesten Leistung seit langem« aus dem Meisterschaftskampf verabschiedet habe.

Der noch auf drei Hochzeiten tanzende 1. FFC Frankfurt hat aufgrund des besseren Torverhältnisses Potsdam (beide 31 Punkte) von Platz drei verdrängt. Der FC Bayern (36) verteidigte am Sonntag mit einem 2:1-Arbeitssieg den zweiten Rang. Spitzenreiter bleibt der VfL Wolfsburg (38) nach einem 5:0-Heimerfolg gegen Bayer Leverkusen. »Wir haben einen rabenschwarzen Tag erwischt und nie ins Spiel gefunden«, räumte Potsdams Nationalspielerin Pauline Bremer ein, »wir waren vom Kopf gar nicht auf dem Platz.«

Der FFC spielte mit dem Erzrivalen zeitweise Katz und Maus. Die überragende Celia Sasic (5./Foulelfmeter, 29. und 50.), Dzsenifer Marozsan (21.) und Mandy Islacker (90.+1) krönten die Frankfurter Gala. »Wir haben das Kehrbild zum Hinspiel geliefert«, freute sich Torjägerin Celia Sasic, »es war von der ersten bis zur letzten Minute überragend.« Und es passte ins wenig stimmige Potsdamer Gesamtbild, dass Jennifer Cramer mit einem Foulelfmeter an der ehemaligen Turbine-Torhüterin Desiree Schumann scheiterte (78.). Erst Inka Wesely sorgte für Ergebniskosmetik (89.).

Stark war beim Sieger vor allem das Dreier-Mittelfeld, das in dieser Konstellation allerhöchstes Niveau verkörpert: Bringt die Waliserin Jessica Fishlock eine solche Präsenz wie gestern aufs Feld, haben die spielstarke Spanierin Veronica Boquete und Deutschlands Ausnahmefußballerin Dszenifer Marozsan die Freiräume, spielerisch zu glänzen. »Diese drei waren überragend«, räumte auch Schröder ein, »dem hatten wir nichts entgegenzusetzen.« FFC-Trainer Bell hatte dem erfahrenen Kollegen dieselbe taktische Formation entgegengestellt: eine Dreierkette in der Abwehr zugunsten eines verdichteten Mittelfelds. »Wenn es dazu kommt«, konstatierte Schröder, »geben die einzelnen Spielerinnen den Ausschlag: Und da war Frankfurt auf jeder Position - abgesehen von der Torhüterin - besser.«

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