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»Empfangsbestätigung erhalten«

Georg Gruhl über Spendengelder für kurdische Kämpfer in Rojava

  • Lesedauer: 5 Min.
Georg Gruhl ist aktiv bei der Interventionistischen Linken, die gemeinsam mit dem kurdischen Studierendenverband YXK eine Solikampagne für Rojava initiiert hat. Mit dem 43-jährigen Berliner sprach Ines Wallrodt.

In den 80er Jahren kamen Millionen D-Mark für Waffen für El Salvador zusammen. Hätten Sie mehr erwartet als 100 000 Euro?
Nein, davon sind wir definitiv nicht ausgegangen. Uns ging es am Anfang ohnehin mehr um den politischen Rahmen, als um eine konkrete Zahl. Wir wollten nicht einfach noch eine Demonstration oder noch eine weitere Podiumsdiskussion machen, sondern mit der Spendenkampagne darüber hinaus gehen.

Wie kam die Summe zusammen?
Einen Teil haben wir selbst auf den Tisch gelegt. Ansonsten stammt das Geld aus Veranstaltungen, Konzerten oder Partys für Rojava und aus ganz viele kleinen Einzelspenden. Unseren Solidaritätsaufruf haben Hunderte Menschen unterstützt, darunter Prominente wie der Schriftsteller Ilja Trojanow, die Soziologin Frigga Haug und der Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow.

Wie wurde das Geld überreicht - sind Sie wie früher mit einem Koffer Bargeld losgefahren?
Bislang haben wir die erste Hälfte von 50 000 übergeben. Das lief über eine politische Organisation in Deutschland direkt an die Selbstverteidigungskräfte in der Region. Deren Sprecher, Rêdûr Xelîl, hat uns den Eingang schriftlich bestätigt. Welche verschlungenen Wege das Geld geht, ob es die ominösen Koffer sind oder nicht, lasse ich mal dahingestellt.

Was wurde mit dem Geld bezahlt?
Das wissen wir nicht.

Interessiert Sie das gar nicht?
Wichtig war uns eine Rückmeldung, dass das Geld angekommen ist. Was die Selbstverteidigungskräfte damit machen, ist ihnen überlassen. Es war klar, dass es Medizin, Klamotten, Nachtsichtgeräte, bis hin zu Waffen und Munition sein könnten.

Haben Sie diese Frage in Ihrem Spendenaufruf offen gelassen, um Diskussionen zu vermeiden?
Wir wollten nicht direkt Geld für Waffen sammeln, weil damals auch über Waffenlieferungen aus Deutschland an die Peschmerga diskutiert wurde. Es hätte für die gesellschaftliche Linke problematische Folgen, wenn sie da mit eingestimmt hätte. Auf der anderen Seite wollten wir sagen, die Revolution in Rojava wird bewaffnet verteidigt. Deshalb sollen die Selbstverteidigungskräfte das Geld kriegen.

Kobane ist befreit, aber zu großen Teilen zerstört. In der Region wird weiter gekämpft. Haben die emanzipatorischen Ansätze unter diesen Bedingungen wirklich eine Chance?
Ich würde diese Frage auch nicht einfach mit »klappt schon« beantworten wollen. So ein Krieg macht nicht nur etwas mit den Gebäuden, sondern auch mit den Menschen. In Kobane beginnt dennoch das zivile Leben wieder. Es ist ein wichtiges Symbol, zudem ist die Situation in den Flüchtlingslagern ebenfalls prekär. Ob es gelingt, die alte Offenheit zu bewahren, wird die Zeit zeigen.

Wäre nicht ein Aufruf, sein Leben zu retten und zu flüchten, statt militärisch zu kämpfen, eine Alternative gewesen?
Das hat für uns nie zur Debatte gestanden. Einen Monat zuvor war es den Selbstverteidigungskräften gelungen, die Menschen aus dem Shengal-Gebirge zu retten. Diese Solidarität hat uns stark angesprochen. Zudem bietet die Revolution in Rojava eine Perspektive für Gerechtigkeit und Frieden im gesamten nahen und mittleren Osten, vielleicht sogar darüber hinaus. Das wäre verloren gegangen, wenn die Leute geflüchtet wären. Der dritte Grund für unsere Initiative war, dass wir in der BRD eine massive Mobilisierung der kurdischen Bewegung auf der Straße erlebt haben. Hier konnte eine radikale Linke nicht einfach zuschauen.

Was unterscheidet Ihren Internationalismus von dem zur Zeit des Ost-West-Konflikts, als mit den Revolutionen in Lateinamerika die Hoffnung verbunden war, dass sie demnächst die BRD erfassen könnten.
Man hat damals zu viel auf die Situation dort projiziert. Ich würde heute sagen, eine radikale Linke in Europa wird ohne internationale Solidarität in Metropolen-Chauvinismus versinken. Gesellschaftliche Veränderungen haben in Europa nur dann eine Chance, wenn wir uns mit den emanzipatorischen Kämpfen weltweit verbinden.

Viele Kämpfe finden unter ganz anderen politischen Bedingungen statt. Was können sie zu den Auseinandersetzungen hier beitragen?
Die berühmte Frage der Gleichzeitigkeit der Kämpfe... Es gibt immer Momente, wo das funktioniert. Aber dann klafft es wieder auseinander. Dessen muss man sich bewusst sein, sonst wird man schwere Enttäuschungen erleben. Das Besondere an der kurdischen Bewegung ist ja aber - im Unterschied zu Lateinamerika damals -, dass sie in Europa selber präsent ist. Viele kurdische Menschen leben hier. Die Jugend- und Studierendengruppen sind auch Teil der gesellschaftlichen Linken in der BRD und nicht einfach verlängerter Arm der kurdischen Bewegung in der Türkei oder Rojava. Deshalb war es uns wichtig, diese Initiative nicht als Interventionistische Linke für die kurdischen Genoss/inn/en zu machen, sondern mit dem kurdischen Studierendenverband zusammen.

Soll die Solikampagne weitergehen?
Ja, sie geht weiter - schon, weil sie für einige Gruppen vor Ort ein Schwerpunkt der politischen Arbeit geworden ist und der Spendenzufluss bis heute nicht versiegt ist. Eine wichtige Auseinandersetzung der nächsten Monate wird die Aufhebung des PKK-Verbots sein. Man muss festhalten: Wir sind mit unserer Solikampagne von einem sehr schwachen Boden aus gestartet. Es war ja nicht so, dass die kurdische Frage uns vorher massiv beschäftigt hätte. In dieser Hinsicht hat uns die Initiative voran gebracht.

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