Linke-Minister werben für Ja zum Kreditprogramm
Brief aus Brandenburg und Thüringen: Wünschen uns »ein geschlossenes Ja« im Bundestag / Wagenknecht rechnet mit Zustimmung und Enthaltungen / Auf dem linken Flügel auch Plädoyer für Nein
Berlin. Minister der Linkspartei aus den Ländern haben sich für eine Verlängerung des Kreditprogramms für Griechenland ausgesprochen und die Spitzen von Partei und Fraktion aufgerufen, für ein Ja im Bundestag bei der Abstimmung am Freitag zu werben. Das Verhandlungsergebnis zwischen der SYRIZA-geführten Regierung und den europäischen Gläubigern sei »das Maximum, das aus griechischer Sicht zu verhandeln war«, heißt es in einem Brief von Benjamin-Immanuel Hoff aus Thüringen und seinem Amtskollegen Helmuth Markov aus Brandenburg.
Man müsse anerkennen, dass Athen »Bewegungsspielraum für die Abmilderung der sozialen Krise gewonnen hat und dem Druck widerstehen konnte, verbindliche Zusagen für neue Einschnitte im griechischen Staatshaushalt zu machen«. In der Linksfraktion wird derzeit über das Votum am Freitag debattiert. Bei einer Probeabstimmung am Dienstag hatten 29 Parlamentarier mit Ja votiert, vier mit Nein und 13 enthielten sich.
Die Einigung zwischen Athen und den europäischen Gläubigern stelle »einen Kompromiss« dar, in dem die neue griechische Regierung »schmerzhafte Zugeständnisse« habe machen müssen. Jedoch sei es »erstmals im gesamten Verlauf der europäischen Finanz- und Wirtschaftskrise« gelungen, »die Eurogruppe wenigstens zu einem partiellen Abweichen vom bisher unumstrittenen Austeritätskurs zu zwingen«. Die Wirkung dieses ersten Schrittes werde größer, wenn weitere folgten, so Hoff und Markov in ihrem Brief, der an Fraktionschef Gregor Gysi und die Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger adressiert ist. Vom Erfolg der griechischen Regierung hänge unter anderem auch ab, ob in Spanien unter einer Podemos-geführten Regierung ein ähnlicher Kurs möglich werde.
Es gehöre »zu den solidarischen Verpflichtungen innerhalb der Europäischen Linken, Regierungen, die von ihren Mitgliedsparteien gestützt oder geführt werden, solidarisch zu begleiten«, schreiben Hoff und Markov weiter. Man wünsche sich daher »ein geschlossenes Ja der Bundestagsfraktion«. Ein Nein würde die Linksfraktion »dagegen in eine Reihe mit den konservativsten Teilen der Union und den Rechtspopulisten in der AfD stellen«.
Die Bundessprecherin der Strömung Antikapitalistische Linke, Lucy Redler, sprach sich hingegen für ein Nein bei der Abstimmung im Bundestag ab Freitag aus. Die Einigung zwischen der SYRIZA-geführten Regierung den europäischen Gläubigern sei »schlecht für die griechische Bevölkerung, schlecht für SYRIZA und schlecht für die europäische Linke«. Das Argument, es sei Zeit gewonnen worden, komme »einem Eingeständnis gleich, dass man einen Bruch mit den kapitalistischen Institutionen« nicht für möglich hält »und sich darauf beschränken muss, die Brosamen, die vom Tisch der Herrschenden abfallen aufzusammeln«.
Mit dem Kompromiss werde »die große Chance, die der Wahlsieg SYRIZAs für die griechische Arbeiterklasse und die Linke in Europa darstellte, verspielt«, heißt es in einer Erklärung, die Redler gemeinsam mit Sascha Stanicic verfasste. Sollte die Linksfraktion »mehrheitlich eine Zustimmung beschließen«, heißt es weiter, »sollten die antikapitalistischen Abgeordneten, trotzdem nach ihrer politischen Überzeugung abstimmen und 'NEIN zum JA' sagen.«
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht sagte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, sie rechne bei der Verabschiedung des Antrages am Freitag mit Enthaltungen und Ja-Stimmen aus ihrer Fraktion. Ihr endgültiges Abstimmungsverhalten will die Linke aber erst auf einer weiteren Sitzung am Freitag unmittelbar vor der Entscheidung des Bundestages festlegen. Erwartet wird, dass sich die Linken-Abgeordneten entweder auf eine gemeinsame Zustimmung verständigen oder das Abstimmungsverhalten freigegeben wird. Bei den bisherigen Bundestagsbeschlüssen zu den Hilfen für Griechenland hatte die Fraktion stets mit Nein votiert.
Es sei zwar nach wie vor problematisch, in welcher Weise der griechischen Regierung durch das Hilfsprogramm »Handlungsspielräume abgeschnürt werden«, sagte Wagenknecht. Dennoch wolle die Linke der SYRIZA-Regierung in Athen die Chance geben, ihre Vorhaben umzusetzen. »Wir wollen ihr nicht den Boden abgraben.« Nach Wagenknechts Worten will die Linke am Freitag allerdings zusätzlich einen eigenen Antrag einbringen. Darin will die Fraktion darlegen, wie sie sich eine wirklich sinnvolle Griechenland-Hilfe vorstellt. Dieser wird keine Mehrheit im Bundestag finden, während der Regierungsantrag Zustimmung aus allen Fraktionen bekommen dürfte. nd
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