Tauziehen um Roman Polanski
Gericht in Kraków verhandelt über Auslieferung des Regisseurs an die USA
Das Zerren um eine mögliche Auslieferung des Regisseurs Roman Polanski an die USA geht weiter. Der mit Spannung erwartete Gerichtstermin in Kraków brachte am Mittwoch keine Klärung. »Es gibt neue Dokumente aus der Schweiz«, so die Auskunft des Gerichts. Die seien auf Deutsch, die Sichtung brauche Zeit. Eine erneute Sitzung soll darum im April stattfinden.
Polanski lächelte in das Blitzlichtgewitter und begab sich in den Gerichtsraum, in dem die Anklage verlesen wurde - und der für die enttäuschten Medienvertreter verschlossen blieb. Seine Anwälte konnten sich in der Frage schon mal durchsetzen.
Der heute 81-jährige Polanski hatte 1977 in Los Angeles Geschlechtsverkehr mit der damals 13-jährigen Samantha Geimer. Aus dem laufenden Verfahren und nach 42 Tagen Haft flüchtete er 1978 nach Frankreich. Seitdem hat er seine einstige Wahlheimat nicht mehr betreten. Auch den Oscar für seinen Film »Der Pianist« holte er nicht persönlich ab. Die Staatsanwaltschaft in Los Angeles beharrt weiterhin auf einer Fortsetzung des Verfahrens. Polanski, in Paris geboren, lebt seit seiner Flucht aus den USA wieder in seiner Geburtsstadt, er hat die französische und die polnische Staatsbürgerschaft. Da der Filmemacher von Interpol seit 2005 gesucht wird, muss er sich jeweils genau überlegen, in welches Land er einreisen kann.
In der Schweiz ging das schief. Vor dem Besuch des Zürcher Filmfestivals wurde Polanski im September 2009 auf dem Flughafen festgenommen. Er hatte seinen Aufenthalt vorher offiziell angekündigt, wodurch die Schweizer Behörden aktiv wurden. Nach zehn Monaten entschied Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf, Polanski wegen »mangelnder Kooperation von Seiten der USA« nicht auszuliefern. In Polen steht ein ähnliches Szenario bevor. Justizminister Cezary Grabarczyk hat das letzte Wort, sollte das Gericht dem Gesuch der USA stattgeben, das Ende Oktober gestellt wurde.
Polanski hatte zuvor in Warschau die Eröffnung der Hauptausstellung des Museums der Geschichte der Juden in Polen besucht. Bereits Mitte Januar war er zu einem Gespräch mit der Staatsanwaltschaft in Kraków vorstellig geworden. »Ich habe volles Vertrauen in das polnische Rechtswesen« sagte er damals. Auch Polen hat ein Auslieferungsabkommen mit den USA, das schon in Kraft getreten ist. Doch Polanskis Anwälte verwiesen auf Verfahrensfehler der US-Behörden.
An der Weichsel hat Polanski viele Unterstützer. Ex-Präsident Aleksander Kwasniewski hält die »Jagd auf Polanski für unangebracht«. Weitere Politiker wollen den Fall endlich abgeschlossen sehen. Der Justizminister erklärte jedoch, er werde sich noch nicht äußern und dann »unabhängig entscheiden«. Dabei bleibt die Dauer des juristischen Prozedere im Dunkeln. Im Juli wollte Polanski eigentlich in Warschau mit den Dreharbeiten zu einem Film beginnen. Dabei geht es um die Dreyfus-Affäre, um den historischen Spionageverdacht gegen den französisch-jüdischen Offizier Alfred Dreyfus und damit ebenso um ein umstrittenes Gerichtsverfahren.
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