Wie soll man sich verhalten?

Zum Ablauf der Kündigungsschutzfrist am 3. Oktober 2015 für Datschengrundstücke

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Am 29. Januar 2015 behandelte der Bundestag den Entwurf eines »Gesetzes zur Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes«. Er war auf Initiative des Landes Brandenburg vom Bundesrat eingebracht worden. Er sieht vor: Die Kündigungsschutzfrist wird um drei Jahre bis zum Ablauf des 3. Oktober 2018 verlängert (Änderung zu § 23 Abs. 4 SchuldRAnpG).In den Fällen, in denen der Nutzer nicht berechtigt ist, vom Eigentümer eine Entschädigung zu fordern (s.u.), sich also nach geltenden Regelungen am Abbruch eines Bauwerks beteiligen oder diesen zur Gänze tragen müsste, soll er davon entlastet werden. Er müsste nur dann einen angemessenen Anteil an den Abrisskosten tragen, soweit dies im Einzelfall zur Vermeidung einer groben Unbilligkeit erforderlich ist. Die Übergangsregelungen für die Verteilung bis zur gänzlichen Auferlegung der Kosten auf den Nutzer sollen gestrichen werden (Änderung zu § 15 SchuldRAnpG). Rechtsanwalt Prof. Dr. Dietrich Maskow, Berlin, erläutert, was auf Betroffene zukommen kann.

CDU/CSU und SPD lehnten in der Debatte den Vorschlag Brandenburgs ab. Die Grünen wollen allenfalls die Fristenregelung für die Übernahmepflicht des Nutzers für Abrisskosten vereinfachen. Nur die LINKE sprach sich für den Entwurf aus. Es ist also nicht damit zu rechnen, dass die entscheidenden Vorschriften Gesetzeskraft erlangen. Allenfalls werden die Entschädigungsregelungen vereinfacht.

Es muss also mit dem Ablauf der Kündigungsschutzfrist für Datschen, von denen hier ausschließlich die Rede ist, am 3. Oktober 2015 gerechnet werden. In diesem Zusammenhang gilt es jedoch, einige Missverständnisse aufzuklären.

4. Oktober 2015 - und dann?

Wenn ab 4. Oktober 2015 gekündigt werden kann, heißt das nicht, dass der Vertrag zu diesem Zeitpunkt automatisch endet. Er gilt weiter, wenn er nicht gekündigt wird. Auch die Vorschriften des SchuldRAnpG finden weiter Anwendung. Das betrifft insbesondere die Entschädigungsregelung.

Wenn der Eigentümer im Zeitraum bis 3. Oktober 2022 kündigt, kann der Nutzer, wenn das Bauwerk nach den Rechtsvorschriften der DDR errichtet war, eine Entschädigung in Höhe des Zeitwertes zum Zeitpunkt der Rückgabe verlangen (§ 12 Abs. 2 SchuldRAnpG) sowie eine Entschädigung für (von ihm vorgenommene) Anpflanzungen. Selbst wenn es sich um einen Schwarzbau gehandelt hat, ist eine Entschädigung nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung möglich.

Das setzt allerdings unter anderem voraus, dass die Bebauung für den Grundeigentümer tatsächlich eine Bereicherung darstellt, also weiter genutzt wird. Der Zeitraum bis 3. Oktober 2022 ist die sogenannte Investitionsschutzfrist. Sie währt sieben Jahre länger als die Kündigungsschutzfrist. Unter einem Bauwerk werden auch die Grundstückseinrichtungen wie Einfriedungen verstanden (§ 5 SchuldRAnpG).

Wenn der Grundeigentümer kündigt, weil der Nutzer durch sein Verhalten Anlass dazu gegeben hat, etwa durch vertragswidrige Nutzung oder Nichtzahlung des Nutzungsentgelts, fällt nicht nur keine Entschädigung an, sondern der Nutzer muss sich, wie übrigens auch im Fall der Nutzerkündigung, zur Hälfte an den Abbruchkosten beteiligen, wenn tatsächlich innerhalb eines Jahres nach Besitzübergang abgerissen wird.

Das kann der Nutzer allerdings durch Selbstvornahme vermeiden (§ 15 SachenRBerG). Nach Ablauf der Investitionsschutzfrist kommt in jedem Fall, also auch bei Eigentümerkündigungen, die Regelung des § 15 SchuldRAnpG zu Zuge, d. h. in der Regel trägt der Nutzer bis 31. Dezember 2022 die hälftigen und bei Vertragsbeendigung danach die vollen Abrisskosten.

Kündigungen im großen Stil?

Die Gefahr, dass die Grundstückseigentümer in großem Umfang zur Kündigung greifen werden, darf nicht überschätzt werden. Die dargelegten Entschädigungsregelungen werden sie vielfach davon abhalten, zumal es bei gut ausgestatteten und geräumigen Datschen, Grundstückseinrichtungen und Anpflanzungen durchaus um einige Zehntausend Euro gehen kann. Befinden sich jedoch die Datschen auf Bauland und der Grundeigentümer will selbst bauen oder hat einen entsprechenden Interessenten, wird er die Zahlung in Kauf nehmen.

Anders, wenn sich das Grundstück im Außenbereich oder in einem Landschaftsschutzgebiet befindet, die Bebauung nur wegen des Bestandsschutzes bleiben darf, aber eine anderweitige Bebauung ausgeschlossen ist. Dann besteht im Allgemeinen kein Anlass zur Kündigung. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn - wie häufig - Kommunen Grundeigentümer sind. Die Fortführung des Nutzungsvertrages ist dann oft die effektivste Form der Verwertung.

Entschädigungsansprüche

Es gibt Versuche, dass Kommunen mit der Kündigung drohen, um mit dem Nutzer einen für ihn ungünstigeren neuen Vertrag zu schließen, der nicht mehr dem SchuldRAnpG unterliegt. Damit soll das Nutzungsentgelt mit unterschiedlichen Methoden erhöht werden. Der Nutzer kann dagegen mit dem Abriss der Datsche drohen, wozu er nach § 12 Abs. 4 SchuldRAnpG berechtigt ist. Reißt er selbst ab, verliert er aber den Entschädigungsanspruch. Ein Pokerspiel.

Der Grundeigentümer wird, will es selber nutzen, die Entschädigung des Nutzers als Preis für Baulichkeiten und Anpflanzungen in Kauf nehmen. Will er das Grundstück eigens kaufen, um eine bestandsgeschützte Datsche an einem attraktiven Standort im Außenbereich zu erwerben, könnte der Nutzer dagegen von seinem gesetzlichen Vorkaufsrecht nach § 57 SchuldRAnpG Gebrauch machen.

In bestimmten Fällen steht auch dem kündigenden Nutzer ein Entschädigungsanspruch zu, nämlich dann, wenn der Verkehrswert des Grundstücks durch das Gebäude erhöht worden ist (§ 12 Abs. 3 SchuldRAnpG). Das kann eintreten, wenn sich der Bodenwert eines im Außenbereich liegenden Grundstücks durch den Bestandsschutz für das Gebäude erhöht hat. Der Entschädigungsanspruch setzt sich in diesem Fall aus dem Wert der Baulichkeit und dem durch sie erhöhten Bodenwert zusammen, so dass die Entschädigung höher ausfallen kann als der Zeitwert allein des Gebäudes ist (BGH-Urteil vom 12. März 2008, Az. XII ZR 156/05 und Urteil vom 15. Januar 2014, Az. XII ZR 83/13).

Insofern kann es ausnahmsweise für den Nutzer zweckmäßig sein, dem Eigentümer mit einer Kündigung zuvorzukommen. Nämlich dann, wenn er ohnehin an eine Nutzungsaufgabe denkt. Das Risiko hierbei ist, wenn der Eigentümer die Werterhöhung gar nicht nutzen, sondern das Grundstück renaturieren und die Baulichkeit abreißen will. Dann erhält der Nutzer gar keine Entschädigung (BGH-Urteil vom 9. April 2014, Az. XII ZR 1161/13). Er kann außerdem noch zu den Abrisskosten mit herangezogen werden.

Fristen für die Kündigung

Welche Fristen für die Kündigung gelten, hängt davon ab, ob der Nutzungsvertrag nach BGB als Mietvertrag oder als Pachtvertrag zu klassifizieren ist. Diese Unterscheidung kannte das ZGB der DDR nicht.

Ein Pachtvertrag liegt vor, wenn Fruchtziehung vereinbart ist, also in den hier interessierenden Fällen vor allem eine gärtnerische Nutzung wie in Kleingartenpachtverträgen. Das ist in sehr vielen Nutzungsverträgen nicht der Fall. Sie sind dann als Mietvertrag über ein Grundstück oder eine Fläche anzusehen. Die Kündigung hat dann, wenn die Miete nach Monaten oder länger bemessen ist, wie für Datschenflächen typisch, spätestens am dritten Werktag des Monats zum Ablauf des übernächsten Monats zu erfolgen.

Im Jahr 2015 ist der dritte Werktag des Oktober im Sinne des § 193 BGB der 5. Oktober. Die Kündigung könnte also am 5. Oktober zum 31. Dezember 2015 erfolgen und dann entsprechend in monatlichen Schritten. Sie kann frühestens am 4. Oktober 2015 vorgenommen werden. Vorher ausgesprochene Kündigungen sind unwirksam.

Beim Pachtvertrag ist die Kündigung nur für den Schluss des Pachtjahres zulässig. Sie hat spätestens am dritten Werktag des halben Jahres zu erfolgen, mit dessen Ablauf die Pacht enden soll. Was das Pachtjahr ist, ergibt sich nicht immer eindeutig aus dem Vertrag, da viele Verträge im Verlauf des Jahres beginnen. Indizien dafür, dass das Pachtjahr das Kalenderjahr ist, bestehen darin, dass das Nutzungsentgelt nach den ursprünglichen Verträgen einmal jährlich zu zahlen oder die Kündigung durch den Nutzer nur zum Ende des Kalenderjahres möglich war. Ist also das Pachtjahr das Kalenderjahr, wäre die Kündigung ab 4. Oktober 2015 bis spätestens 5. Juli 2016 zum 31. Dezember 2016 möglich.

Kündigung und Folgen

Die Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie muss zwar zugehen, wird also äußerstenfalls durch Gerichtsvollzieher zugestellt, braucht aber nicht angenommen zu werden. Sie wird aber auch grundsätzlich nicht durch Widerspruch außer Wirkung gesetzt. Durch eine Feststellungsklage könnte allenfalls die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt werden. Dafür werden die Voraussetzungen in den hier besprochenen Fällen aber meist nicht gegeben sein.

Folgt der Nutzer der Kündigung nicht, kann der Eigentümer ihn nicht einfach rauswerfen. Er müsste eine Räumungsklage anstrengen. Räumt der Nutzer immer noch nicht, hätte der Eigentümer die Räumung durch einen Gerichtsvollzieher zu veranlassen. Dadurch kann der Nutzer zwar Zeit gewinnen, aber nur auf kostspielige Weise.

Lohnt der Kampf ums Haus?

Den Erfahrungen nach, kämpfen Nutzer oft intensiv um ihre Wochenendgrundstücke, die meist in den 60er und 70er Jahren begründet wurden, um sie dann plötzlich möglichst kostengünstig aufgeben zu wollen. Jeder sollte gründlich überlegen, ob bei einer Kündigung der Kampf wirklich lohnt. Das spricht auch gegen die im Bundestag von den Entwurfsgegnern vorgetragene Behauptung, in drei Jahren sei keine andere Lage als jetzt.

Ausnahmen

Es gibt allerdings, abgesehen von der Altersregelung des § 23 Abs. 5 SchuldRAnpG, wonach eine Kündigung ausgeschlossen ist, wenn der Nutzer am 3. Oktober 1990 das 60. Lebensjahr vollendet hat, eine weitere Ausnahme vom unbedingten Kündigungsrecht des Eigentümers.

Nach § 24 SchuldRAnpG kann der Nutzer ausnahmsweise der Kündigung auch nach Ablauf der Kündigungsschutzfristen, also auch nach dem 3. Oktober 2015 widersprechen, wenn er in einem zum Wohnen geeigneten Wochenendhaus wohnt und die Beendigung des Vertragsverhältnisses eine Härte bedeuten würde, die auch unter Berücksichtigung der Interessen des Grundeigentümers nicht zu rechtfertigen ist. Ergänzend wird auf die entsprechende Anwendung der Vorschriften über das Wohnraummietrecht verwiesen (§§ 574 bis 574 b BGB).

Diese Regelung spielte bisher kaum eine Rolle, zumal in vielen der Fälle nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz vorgegangen wurde und, wer das nicht wollte, bislang durch das SchuldRAnpG geschützt war.

Das kann sich nun ändern, nachdem neue Sachenrechtsbereinigungsansprüche verfristet wären und die normalen Kündigungsschutzfristen für Datschen abgelaufen sind. Gerade wegen der Abgrenzung zu den Sachenrechtsbereinigungsansprüchen und weil nicht geklärt ist, was die entsprechende Anwendung der mietrechtlichen Härtefallregelung bedeutet, ist die Berufung auf diese Vorschrift mit vielen Unsicherheiten behaftet. Diese würden nach und nach durch die Rechtsprechung ausgeräumt werden, wenn sich Nutzer auf die Regelung berufen.

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