Die Kämpfer des Extremisten Osama bin Laden sind nach Angaben eines afghanischen Kommandeurs auf einen allerletzten Stützpunkt in den Bergen zurückgedrängt worden. Sie sollen angekündigt haben, heute ihre Waffen niederlegen zu wollen und sich zu ergeben.
Kabul/Berlin (Agenturen/ND). Der afghanische Kommandeur Mohammad Amin teilte am Dienstag aus dem Kampfgebiet im Bereich der Weißen Berge mit, die jüngste Offensive der Kräfte der Anti-Taleban-Allianz habe die Al-Qaida-Kämpfer bin Ladens auf ihre letzte Basis Spin Ghar südlich von Tora Bora zurückgedrängt. Einige Taleban-Kämpfer seien getötet worden. Zur Verstärkung würden weitere Truppen in die Bergregion entsandt. B-52-Bomber hatten die Region zehn Tage in Folge massiv bombardiert. Nach CNN-Berichten setzten sie mehrfach umstrittene Daisy-Cutter-Bomben ein - Benzinbomben, die im Umkreis von 600 Metern alles Leben vernichten.
Ein USA-Militärsprecher bestätigte, die Offensive komme voran und die Al-Qaida-Leute hätten sich auf höheres Gelände zurückgezogen. Bin Laden selbst sei vermutlich auf der Flucht. Seine Möglichkeiten zur Kommunikation seien aber nur minimal. Sollte er lebend gefangen werden, will die USA-Regierung ihn als mutmaßlichen Initiator der Anschläge vom 11. September vor ein Militärgericht stellen.
Marineinfanteristen der USA begannen unterdessen, die Waffen fliehender Taleban-Krieger einzusammeln. Die Kontrollen würden auch eventuell geflohenen Kämpfern der Al Qaida gelten. »Wer von den Taleban ist und seine Waffen friedlich abgibt, kann glücklich seiner Wege gehen. Wer von der Al Qaida ist, wird festgenommen - es sei denn, er zeigt feindseliges Verhalten. Dann wird er erschossen«, sagte der Militärsprecher zum Vorgehen der USA-Elitesoldaten.
Unklar blieb die Situation in der Stadt Kandahar selbst. Dort drängten sich Augenzeugenberichten zufolge am Morgen Scharen bewaffneter Paschtunen, die offenbar eine stärkere Beteiligung an der Macht einfordern wollten. Der designierte afghanische Übergangs-Regierungschef Hamid Karzai bemühte sich um die Beilegung der Rivalitäten verschiedener Stammesgruppen und verschob ein für Dienstag geplantes Treffen mit UNO-Sonderbotschafter Lakhdar Brahimi.
Ein örtlicher Stammesführer teilte am Dienstag telefonisch der Nachrichtenagentur Reuters in Pakistan mit, Krieger um Hafis Madschid, der als enger Vertrauter von Taleban-Chef Mullah Mohammed Omar gilt, hätten ein Krankenhaus in der Stadt besetzt. In der Klinik, dem Chinesischen Hospital, befänden sich auch zivile Patienten.
In Nordafghanistan sind nach einem Bericht der »New York Times« Dutzende Taleban-Kämpfer bei einem Gefangenentransport gestorben. Die Männer seien in Containern erstickt, in denen sie von Kunduz nach Schebergan transportiert wurden.
Der künftige Verteidigungsminister Afghanistans, Mohammad Fahim, sprach sich vor Journalisten für die Begrenzung der geplanten internationalen Schutztruppe auf höchstens 1000 Mann aus. Die Truppe soll voraussichtlich am Freitag von der UNO autorisiert werden. USA-Außenminister Colin Powell bestätigte bei seinem Besuch in London, Großbritannien werde die Truppe führen.
Der Deutsche Bundestag wird voraussichtlich in der nächsten Woche über eine Beteiligung der Bundeswehr mit 600 bis 1000 Mann an der UNO-Friedenstruppe entscheiden.