»Game, set, match - Becker!« In der dritten Runde schied André Agassi am Sonntag bei den US Open aus - ziemlich früh für einen Weltstar. Doch die Niederlage gegen den deutschen Qualifikanten Benjamin Becker interessierte kaum jemanden, am wenigsten wohl Agassi selbst, der bei seinem angekündigten letzten Turnier nur unter starken Rückenschmerzen durchhielt. Als das letzte Aufschlagspiel schließlich verloren war, weinte der 36-Jährige voller Inbrunst, während 23 000 Fans für ihn sangen - Abschied vom letzten Idol des Tennissports.
Nach 21 Jahren im Profi-Geschäft macht der Familienvater nun Schluss, ziemlich spät, wie viele fanden. Zu spät? André Agassi wars egal, so wie es ihm immer egal war, was andere dachten - in seiner Karriere, die ihm acht Grand-Slam-Siege, 60 Turniersiege, 101 Wochen auf Platz eins der Weltrangliste, 30 Millionen Dollar Preisgeld und 1994 einen Olympiasieg beschert hatte. Als der US-Amerikaner mit armenisch-iranischen Wurzeln sich 1985 anschickte, ein ganz Großer zu werden, stand Tennis in der Blüte: John McEnroe, Ivan Lendl, Yannick Noah, Mats Wilander die Helden des weißen Sports waren Weltstars.
Agassi übernahm die Rolle des Rebellen - der Held mit blonden Strähnchen, der Wimbledon auslässt, weil er nicht auf Jeans und neongelbes Trikot verzichten will. Später war der Mann mit dem harten Return einsichtig und gewann - ganz in Weiß - 1992 in London sein erstes Grand-Slam-Turnier.
Auch seine Frauen weckten stets Interesse: 1992 soll es eine Affäre mit der 28 Jahre älteren Barbra Streisand gegeben haben. 1997 heiratete er, inzwischen kahlgeschoren, Streisands Hollywood-Kollegin Brooke Shields. Die Paparazzi-belauerte Ehe scheiterte schnell, Agassi wurde pummelig und langsam, die Karriere stockte: Nur noch 141. in der Weltrangliste.
Doch Agassi trainierte verbissen und kam nochmal zurück: 2001 wurde er mit 31 die älteste Nr. 1 aller Zeiten - ein Glücksfall fürs Tennis, dem die Stars abhanden gekommen waren. 2001 heiratete er Tenniskollegin Steffi Graf, mit der er zwei Kinder hat - Hoffnung vieler Fans: Vielleicht bescheren Jaden Gil (4) und Jaz Elle (2) dem Tennis dereinst jenen Glanz, der nach dem Abgang ihres Vaters fehlt.
Jirka Grahl
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