Kein Platz für das Wildtier des Jahres
Intensive Landwirtschaft macht Feldhasen zu schaffen
Für Kinder ist es ein eindeutiges Zeichen dafür, dass Ostern naht: In diesen Wochen sind besonders viele Feldhasen auf Wiesen und an Waldrändern zu sehen. Grund ist der Paarungstrieb im Frühjahr. Die Fortpflanzungszeit, die bei milder Witterung schon Anfang Januar oder sogar Ende Dezember beginnen kann, dauert bis in den Oktober. Bis dahin bringt die Häsin nach 42 Tagen Tragzeit dreimal bis zu vier Junge zur Welt - »Nestflüchter«, die bereits Haare haben und sehen können. Das ist wichtig, denn die Hasen leben nur oberirdisch.
Feldhasen vermehren sich nicht so rasant wie die Kaninchen, die bis zu fünfmal jährlich fünf bis neun nackte und blinde »Nesthocker« in ihrem Bau gebären. Sie sind auch sonst nicht mit den kleineren Kaninchen zu verwechseln: Hasen haben lange, an der Spitze schwarz gefärbte Ohren und ein Körpergewicht von bis zu sechs Kilo. Lepus europaeus, wie die Biologen den Feldhasen nennen, ist kein Nagetier, sondern gehört zur Ordnung der Hasentiere - wie das Wildkaninchen, das man aber einer anderen Gattung (Oryctolagus cuniculus) zuordnet.
Die Schutzgemeinschaft Deutsches Wild hat den Feldhasen nach 2001 in diesem Jahr abermals zum »Tier des Jahres« gekürt. Zur Plage wie die Kaninchen in manchen Großstädten sind die Hasen nicht geworden. Andreas Kinser von der Deutschen Wildtier Stiftung in Hamburg ist da ganz illusionslos: »Sie sind da, um gefressen zu werden«. Füchse, Steinmarder, Greifvögel und Krähen haben es vor allem auf Junghasen abgesehen, die sich gewöhnlich tarnfarben, regungslos und ohne Eigengeruch in die Setzmulde ducken. In so einer Sasse genannten Mulde verbringt auch der dämmerungsaktive erwachsene Feldhase seinen Tag.
In der Jagdsaison 2012/13 wurden rund 314 000 Feldhasen geschossen, rund vier Prozent weniger als im Jahr davor. Die Wildtierzählung des Deutschen Jagdverbands belegt einen Rückgang des Feldhasenbestands in Deutschland seit 2007. Die meisten Hasen hoppeln hierzulande durch das Münsterland, auch an der Nordseeküste und in Niederbayern sind sie verbreitet. »Wir schätzen, dass es in Deutschland mehr als drei Millionen Feldhasen gibt«, sagt Kinser. Sie stehen zwar als »gefährdet« auf der Roten Liste, aber eine ganzjährige Schonzeit wäre angesichts dieser Zahlen übertrieben, urteilt der Wildbiologe. Eher müssten die Füchse im Zaum gehalten werden: Sie setzten den Hasen wieder mehr zu, nachdem sie sich von Räude- und Staupe-Epidemien erholt hätten.
Aber eigentlich liege das Problem ganz woanders: »Was den Bestand der Population neuerdings wieder drückt, ist der Wegfall von Flächenstilllegungen, zu der die Bauern vor 2007 verpflichtet waren«, erläutert Kinser. Jetzt fehlten diese Brachen, auf denen die Hasen die Wildkräuter finden, von denen sie sich bevorzugt ernähren. Die Flächen würden für die Produktion von Bioenergiepflanzen genutzt, meist Mais.
Auch Till Hopf vom Naturschutzbund Deutschland klagt über die Intensivierung der Landwirtschaft: »Mit Biogas lässt sich einfach mehr verdienen als mit Förderprämien für die Stilllegung von Feldern.« Auch das von der Europäischen Union beschlossene naturnahe »Greening« für fünf Prozent der Ackerflächen - etwa durch den Anbau von Zwischenfrüchten - hält sein Kollege Kinser nicht für zielführend. »Wenn die Bauern den Acker im Frühjahr umpflügen, um wieder Mais anzubauen, sehe ich darin keinen ökologischen Mehrwert.« epd/nd
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