Vertrauensbildende Maßnahme

Beim Berlin-Besuch des griechischen Regierungschefs sollten die Pläne Athens im Vordergrund stehen

  • Katja Herzberg
  • Lesedauer: 4 Min.
Griechenlands Premier Tsipras berät bei seinem Antrittsbesuch in Berlin nicht nur mit der Kanzlerin. Teile der von den Gläubigern verlangten Maßnahmenliste stellt er auch Grünen und Linkspartei vor.

Herzlichkeit auf der Straße, harte Worte aus Regierungskreisen und aus den meisten deutschen Medienhäusern. Die Gefühlsbekundungen für und wider Alexis Tsipras könnten kaum größer sein als bei seinem ersten offiziellen Berlin-Besuch. In jedem Fall war dem griechischen Ministerpräsidenten ein besonders hohes Maß an Aufmerksamkeit sicher. Sogar seine Landung am Flughafen Tegel war der Deutschen Presse-Agentur oder auch der »Bild«-Zeitung eine Meldung wert. Unmittelbar im Anschluss ging es ins Kanzleramt zum Empfang mit militärischen Ehren. Ein Brauch, auf den der Linkspolitiker sicher gern verzichtet hätte, um lieber gleich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zu diskutieren.

Auf das erste Vier-Augen-Gespräch musste Tsipras knapp zwei Monate warten. Sein Antrittsbesuch erfolgte viel später als der anderer Amtskollegen. Dies ist sicher auch den andauernden Verhandlungen der griechischen Regierung mit den Gläubigern und Euro-Partnern geschuldet. Die EU-Institutionen wollen Griechenland erst weitere Gelder aus dem aktuellen Kreditprogramm zur Verfügung stellen, wenn Athen gewünschte Reformen einleitet. Bis Ende dieser Woche soll das Tsipras-Kabinett eine Liste mit konkreten Maßnahmen vorlegen. Dann könnten erste Zahlungen erfolgen, die Griechenland vor der Staatspleite bewahren könnten.

In einem Brief von Tsipras an Bundeskanzlerin Angela Merkel, der auf den 15. März datiert ist, warnt der griechische Regierungschef, dass es seinem Land nicht mehr möglich sein werde, die anstehenden Schuldenrückzahlungen in den kommenden Wochen zu erfüllen, wenn die europäischen Partner nicht die verabredeten Gelder freigeben.

Um hier voranzukommen, wollte Tsirpas nach Medienberichten Merkel in Berlin eine vorläufige Liste mit Maßnahmen präsentieren. Am Montag wurden Details zu den Plänen der SYRIZA-geführten Regierung bekannt. Demnach will Athen mit einem Mix aus Steuererhöhungen, Privatisierungen und Rückzahlungen von Steuersündern die Staatseinnahmen erhöhen. Dies berichtete die Deutsche Presse-Agentur aus griechischen Regierungskreisen. Zudem berichteten griechische Medien, die Kontrolleure der internationalen Geldgeber hätten am Montag in Athen ihre Arbeit wieder aufgenommen.

Zu den Plänen der griechischen Regierung gehört demnach auch eine Rentenreform. Eine der angedachten Maßnahmen: Außer wenigen Ausnahmen soll niemand mehr vor seinem 62. Lebensjahr und erst nach mindestens 40-jähriger Zahlung von Rentenbeiträgen eine Rente bekommen. Zudem wollen die Steuerbehörden in den kommenden Tagen alle Griechen, die Schwarzgeld ins Ausland überwiesen haben, aufrufen, sich beim Finanzamt zu melden. »Wir wissen, wer sie sind, und geben ihnen eine letzte Chance, sich zu retten«, wurde ein hoher Beamter im Finanzministerium zitiert. Bereits mehr als 100 000 Steuerzahler sollen bei den Steuerbehörden angemeldet haben, dass sie von dem neuen Gesetz Gebrauch machen wollen. Laut Finanzministerium schulden rund 3,7 Millionen Griechen und 447 000 Unternehmen dem Staat etwa 76 Milliarden Euro.

Darüber hinaus will Athen die Mehrwertsteuer für Touristeninseln in der Ägäis und für Hotels erhöhen. Im Gespräch ist auch eine Anhebung der Abgaben auf Tabakwaren und Alkohol.

Über die Pläne seiner Regierung wird Tsipras in Berlin auch mit der Linkspartei und den Grünen sprechen. Treffen sind mit LINKE-Fraktionschef Gregor Gysi und Parteichefin Katja Kipping vorgesehen. Gysi hofft auf eine Entspannung in der zuletzt von Anfeindungen gegen Griechenland geprägten Debatte: »Es wäre von großer Relevanz, wenn die Verkrampfung überwunden, eine gewisse Leichtigkeit im Umgang und sogar ein Stück Vertrauen hergestellt werden könnten.«

Auch die Grünen begrüßen Tsipras. Wie Grünen-Chef Cem Özdemir in Berlin mitteilte, komme er mit Ko-Parteichefin Simone Peter zusammen. Der Besuch des Premiers ist laut Özdemir eine gute Gelegenheit, die gegenseitigen »Scharmützel endlich zu beenden«. Es gehe um die Lösung der Schuldenkrise.

Die Deutsch-Hellenische Wirtschaftsvereinigung (DHW) äußerte die Hoffnung auf eine Verständigung zwischen Merkel und Tsipras. »Wir hoffen, dass der Besuch des griechischen Ministerpräsidenten in Berlin eine Deeskalation in den deutsch-griechischen Beziehungen und ein Wiederaufblühen des jahrhundertealten freundschaftlichen Verhältnisses bringen wird«, erklärte der DHW-Vizepräsident Phedon Codjambopoulo. Angesichts der guten Wirtschafts- und Finanzlage Deutschlands »wünschen wir uns eine großzügigere Haltung Deutschlands gegenüber Griechenland«. mit Agenturen

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