Opposition: Nahles lässt Langzeiterwerbslose links liegen
Grünen-Politikerin Pothmer: Betroffene profitieren nicht von Frühjahrsaufschwung / Zimmermann: Offizielle Statistik »kein Grund zur Selbstzufriedenheit« / Linke: Tatsächlich über 3,7 Millionen erwerbslos
Berlin. Die Opposition hat angesichts sinkender offizieller Arbeitslosenzahlen vor Selbstzufriedenheit gewarnt. Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Brigitte Pothmer, sagte, die am Dienstag bekanntgegebenen Zahlen widerlegten »eindrucksvoll die Horrorszenarien der Mindestlohn-Zweifler«, die vor einem Anstieg der Erwerbslosigkeit gewarnt hatten. Die Politikerin kritisierte zugleich, »viele Langzeitarbeitslose profitieren nicht vom Beschäftigungsboom. Anstatt in guten Zeiten in die Arbeitslosen zu investieren«, lasse Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles diese Menschen »weiter links liegen. Die Förderzahlen und Vermittlungsquoten gehen sogar zurück«, so Pothmer.
Ähnlich äußerte sich die Linkenpolitikerin Sabine Zimmermann. Für Menschen mit langandauernder Erwerbslosigkeit müssten bessere Beschäftigungschancen eröffnet werden. Nahles unternehme »in dieser Hinsicht zu wenig: Die derzeitige Arbeitsmarktsituation gibt wesentlich mehr her«, sagte die Bundestagsabgeordnete. Zimmermann erklärte, die Beschäftigung wachse zwar, »aber es gibt keinen Grund zur Selbstzufriedenheit«. Auch die Durchsetzung des Mindestlohns müsse eine der »Hauptaufgaben der Arbeitsmarktpolitik« bleiben. Nahles dürfe »sich nicht vom Gejammer der Arbeitgeber und der CSU beeindrucken lassen. Es muss in den nächsten Monaten darum gehen, den Mindestlohn wirksam durchzusetzen. Das erfordert intensive Kontrollen mit ausreichend Personal«, so Zimmermann.
Zuvor hatte die Bundesagentur für Arbeit die offizielle Arbeitsmarktstatistik veröffentlicht. Danach ist die Zahl der erwerbslosen Menschen von Februar auf März um 85.000 auf 2.932.000 gesunken. Gegenüber dem Vorjahresmonat waren 123.000 Menschen weniger arbeitslos gemeldet. »Die günstige Entwicklung am Arbeitsmarkt hält an. Das liegt an der guten Konjunktur und der einsetzenden Frühjahrsbelebung«, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Frank-J. Weise, am Dienstag in Nürnberg. Auch die Unterbeschäftigung sei gesunken – allerdings weniger stark als die Erwerbslosigkeit. Als unterbeschäftigt gelten auch Menschen in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sowie Beschäftigte, die kurzfristig arbeitsunfähig sind. Diese Zahl sank um 15.000 auf etwas mehr als 3,18 Millionen.
Dagegen kommt die Linkspartei auf eine noch höhere tatsächliche Zahl der Erwerbslosen. Ihrer Meinung nach werden in der offiziellen Statistik über 810.000 Betroffene nicht mitgezählt. Beziehe man auch ältere Erwerbslose ab 58, komme man für den März auf eine Gesamtzahl von über 3,7 Millionen Arbeitslosen. nd
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