Die Zukunft, ein Päckchen

Die Linkspartei macht einen Kongress. Vier Tage, 80 Veranstaltungen - und die Suche nach einer eigenen Vision für das Morgen

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 3 Min.

»Die Zukunft«, heißt es bei Gerhard Gundermann, »ist ein abgegebenes Päckchen.« Ganz egal, was drin ist, unabhängig davon, ob man es ignoriert oder begierig aufreißt: »Es ist mein, ich hab’s bestellt.«

Ähnlich verhält es sich mit jener Zukunft, die der gesellschaftlichen Linken mal Verheißung und mal Bedrohung ist: die Zukunft von Politik und Gesellschaft, von Produktion und Technologie, von Chancen und Risiken. Das Päckchen wurde von Linken mal zögernder, mal optimistischer aufgerissen; mal verstand man das, was ausgepackt wurde, als unverrückbare Bedienungsanleitung, mal war es das Schreckensszenario einer als dem Untergang geweiht angesehenen Realität.

Es gibt viele mögliche Zukünfte. Ob sie wirksam werden, auf welche Weise und wie schnell sie das ablösen, was dann als Vergangenheit bezeichnet werden wird, ist eine Frage politischer Auseinandersetzung. Früher hätte man vielleicht gesagt: Der Fortschritt muss erkämpft werden. Heute wird die Sache oft zurückhaltender betrachtet: Vieles, was unter der Fahne des Fortschritts ins Werk gesetzt wurde, berechtigt diese Skepsis. Es gibt aber auch eine Abwehr, welche die Befreiungspotenziale nicht sehen will, die im Kleid des Alten noch - aber eben doch wachsen. Eine Haltung, welche erst die demokratischen und emanzipatorischen Möglichkeiten in Betracht zieht, wenn ausführlich über die Gefahren gesprochen wurde, die es gibt.

Es kommt hinzu: Die gesellschaftliche Linke kann sich derzeit nicht als der große Weltengestalter sehen. Sie ist eher schwach und zudem ist ihr von den Verhältnissen ein Abwehrmodus aufgezwungen: Immerzu muss sie darum ringen, dass es nicht schlechter wird. Die Folge: ein sozialpolitischer und ökologischer Konservatismus. Jene, die doch alles umwerfen wollen, sehen sich verdammt, die Siege der Vergangenheit gegen Bedrohungen der Gegenwart zu verteidigen. Dabei müssten sie doch vor allem die allergrößten Optimisten einer (noch besseren) Zukunft sein.

Ende April setzt die Linkspartei nun ihrerseits die Zukunft, nein: mögliche Zukünfte auf die Tagesordnung - in einer als »Linke Woche der Zukunft« betitelten Konferenz in Berlin. Mit dabei: Hillary Wainwright und Dietmar Dath, Alex Demirovic und Frigga Haug, Chantal Mouffe und Michael Hardt, um nur einige wenige zu nennen, die dort über eines diskutieren wollen: die Zukunft.

Man sehe täglich, sagt die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, »dass eine eigene linke Vision von Gesellschaft, eine positive Erzählung und eine dazugehörige Vorstellung von konkreten Einstiegsprojekten sehr nötig sind«. 80 Veranstaltungen an vier Tagen sollen »ein Labor für linke Ideen im Allgemeinen und die linke Partei der Zukunft im Besonderen« eröffnen. Letztlich, sagt Kipping, gehe es um Wege »zu einem lustvollen und ökologischen Sozialismus im 21. Jahrhundert«.

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