Köpenicker Welle

Martin Kröger über verbotene Nazi-Lieder im Schulunterricht

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 2 Min.

Was genau Mitte März am Emmy-Noether-Gymnasium in Köpenick passiert ist, ließ sich am Dienstag nicht klären. Das lag vor allem an der Schule selbst, die den Fall über Wochen nicht öffentlich gemacht hatte – und das als »Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage«. Wahrscheinlich ist, dass die Musikpädagogin eine Art Experiment mit ihren Schülern durchführen wollte. Wie im Roman »Die Welle«, in dem ein Lehrer an einer nordamerikanischen Highschool ebenfalls mit seinen Schülern autoritäre Muster ausprobiert, lief der Versuch am Ende offenbar aus dem Ruder.

Auch bei der »Köpenicker Welle« muss es also keinen rechtsextremen Hintergrund gegeben haben. Zu prüfen, was passiert ist, liegt jetzt in den Händen der Schulaufsicht. Was dabei herauskommt, darf in jedem Fall nicht wieder unter den Teppich gekehrt werden, wie der Vorfall selbst. Das ist das Gymnasium auch ihrer Namensgeberin, der Mathematikerin »Emmy Noether« schuldig, die nach der Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur als Jüdin in die Vereinigten Staaten emigrieren musste.

Nun gilt für die Schulen in Deutschland der sogenannte Beutelsbacher Konsens, in dem die bildungspolitischen Zielstellungen zusammengefasst sind: Er beinhaltet das Verbot von Indoktrination, die Beachtung von kontroversen Positionen im Unterricht und die Befähigung der Schüler, in politischen Situationen ihre eigenen Interessen zu analysieren. Dem Vernehmen nach wollten an dem Köpenicker Gymnasium nicht alle Schüler die verbotene Hymne der Nationalsozialisten mitsingen und dazu marschieren– warum die Lehrerin ihr Experiment in diesem Moment nicht abbrach, dürfte ebenfalls zu klären sein.

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