Lange Haft für Massaker in Bagdad
US-Gericht verurteilt Blackwater-Söldner
Auch fast acht Jahre danach ist Mohammed Kinani Al-Rassak noch immer sichtbar fassungslos über den Tod seines damals neunjährigen Sohnes. «Wo liegt der Unterschied zwischen diesen Kriminellen und Terroristen», fragt er in gebrochenem Englisch im Gerichtssaal und zeigt auf vier frühere Mitarbeiter der Sicherheitsfirma Blackwater.
Ein US-Bundesgericht hat sie jetzt wegen tödlicher Schüsse auf unbewaffnete Iraker im September 2007 auf dem Bagdader Nisur-Platz zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Während des Prozesses waren die Bilder von Toten und Verwundeten, von Kugeln durchlöcherter Autos und Granatwerfern zu sehen, die die Wachmänner abgefeuert hatten. Sie sollten einen Diplomatenkonvoi beschützen.
Beim ersten öffentlichen Auftritt seit dem Blutbad beharrten die Ex-Söldner auf ihrer Unschuld und machten Selbstverteidigung gegen einen angeblichen Selbstmordattentäter geltend. Doch ein weiterer Sicherheitsmann sagte gegen seine Kollegen aus. Einer von ihnen soll Bekannten gegenüber angekündigt haben, er wolle «als Rache für den 11. September so viele Iraker töten, wie ich kann». Die Staatsanwaltschaft warf den Angeklagten vor, die Zivilisten aus dem Hinterhalt ins Visier genommen zu haben. Top-Manager der größten Privatarmee der Welt sollen die Ermittlungen in Irak später gezielt hintertrieben haben, selbst von Morddrohungen berichtete die «New York Times».
«Diese vier Männer weigern sich, jegliche Verantwortung für ihre Verbrechen zu übernehmen», betonte jetzt Staatsanwalt Patrick Martin. Laut einer US-amerikanischen Untersuchung wurden damals innerhalb einer knappen Viertelstunde 14 Zivilisten getötet, irakische Ermittler sprechen von 17 Todesopfern, darunter Frauen und Kinder. Weitere 18 Menschen wurden verletzt. Schon im Oktober hatte eine Jury einen Angeklagten des Mordes für schuldig befunden, die anderen drei des Totschlags. Nun verkündete der Richter das Strafmaß: lebenslänglich bzw. 30 Jahre und einen Tag Gefängnis.
Sogenannte externe Dienstleister wie Blackwater, Kellogg Brown and Root, Aegis oder Ecolog haben Berechnungen der «Financial Times» zufolge im Irak-Krieg 138 Milliarden Dollar damit verdient, das US-Militär in Sachen Sicherheit und Logistik zu unterstützen. Blackwater-Söldner würden sich als «über dem Gesetz stehend» betrachten und hätten innerhalb der Führungsstruktur vor Ort die Kontrolle übernommen, berichtete damals die «New York Times»; Washingtons Diplomaten in Bagdad hätten «eine Atmosphäre völliger Abhängigkeit und Fahrlässigkeit» geschaffen«. Das brachiale Vorgehen privater Sicherheitskräfte sorgte in Irak wie international für Empörung. Blackwater kostete es schließlich die Aufträge in Irak. Die Firma wechselte mehrmals den Namen, doch ob Xe, Academi oder Constellis Holdings – das größte private Sicherheits- und Militärunternehmen der USA verdient weiter an der »Entstaatlichung« von Kriegen und Konflikten. Aber auch Konzerne und Banken nehmen die Dienste dieser Söldnertruppe gern in Anspruch.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.