Ein Tag ohne Internet

Die Streiks beim Telekommunikationskonzern Telefonica in Spanien weiten sich aus

  • Ralf Streck
  • Lesedauer: 3 Min.

»Was passiert, wenn wir einen Tag ohne Internet sind«, fragte sich am Donnerstag die spanische Tageszeitung »El Mundo«. Die Zeitung spekulierte schon zuvor darüber, der Streik von Scheinselbstständigen und Beschäftigten bei Subunternehmen der Telefonica (in Deutschland O2) könne »dramatisch« werden. Ende März streikten Techniker und Servicepersonal in Madrid, der Ausstand weitete sich am 7. April auf das gesamte Land aus. Am Mittwoch und Donnerstag folgten 90 Prozent der Beschäftigten im ganzen Land, im Baskenland, Teilen Kataloniens und Andalusiens soll er total gewesen sein.

Wurde er zunächst von kleinen Gewerkschaften getragen, haben sich nun die beiden großen spanischen Gewerkschaften angeschlossen. Die Arbeiterkommissionen (CCOO) und Arbeiterunion (UGT) sahen sich dazu gezwungen, sie wollen die Initiative nicht verlieren. Zudem sind Mitglieder sauer, die als Streikbrecher den Arbeitskampf der AST, der CGT und Co.Bas unterlaufen mussten. Der Druck nahm auch zu, da nun Losungen zirkulieren, Streikbrecher anzugreifen. »Zerstört ihre Autos«, wird in Chat- und Internetforen gefordert.

Angesichts der Tatsache, dass auch in spanischen Medien bisher wenig berichtet wurde, werden aggressive Streikstrategien gefordert: »Blackout in Madrid!« soll es im Fernsehen geben, dass oft übers Internet übertragen wird. Die Polizei spricht von Radikalisierung. Es kursierten Anleitungen, welche Kabel wo durchtrennt werden müssten. Der Blackout blieb bisher aus, aber verstärkt würden Störungen verzeichnet.

Nun wird es spannend, denn CCOO und UGT streiken nur zwei Tage pro Woche. Schon an diesem Freitag sollen deren Mitglieder wieder arbeiten und erst am nächsten Mittwoch wieder streiken. »Wir halten einen unbefristeten Streik für zu gefährlich, weil sich die Löhne der Beschäftigten reduzieren«, erklärte die UGT. Die beiden staatlich finanzierten Gewerkschaften verfügen über keine Streikkassen, Beschäftigte kostet ein Streiktag jeweils einen Tageslohn.

Doch vielen ist das egal, denn es geht darum, vernünftige Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Zum Teil müssten Beschäftigte zehn bis zwölf Stunden und manchmal sieben Tage die Woche für 700 Euro monatlich arbeiten, erklärt Álvaro Barreiros, Anwalt von AST. Die neuen Anpassungen für die etwa 200 Subunternehmen, die alle drei Jahre kommen, hätten das Fass überlaufen lassen. Nun blieben nicht einmal mehr 600 Euro übrig, nachdem »Kosten für das Auto, Sprit, Werkzeuge abgerechnet werden«, die Selbstständige stellen, erklärt der Betroffene José Luis Amaro.

Aufgebrochen werden soll die Spaltung. Während Telefonica-Beschäftigte über einen Haustarifvertrag verfügten, seien Scheinselbstständige oder Beschäftigte bei Subunternehmen »Sklaven«. Seit Telefonica 1994 von den Sozialdemokraten privatisiert wurde, wurden viele der 50 000 Arbeitsplätze ausgelagert. Nach einer Studie der Uni Barcelona gäbe es acht verschiedene Vertragsbedingungen: Festangestellte, befristete Verträge, Teilzeit, Werkverträge oder Selbstständige. »Da sie uns aufgespalten haben, arbeiten Selbstständige, wenn andere streiken und umgekehrt«, erklärt Aitzol Ruiz de Azúa, Betriebsrat bei Cotronic in Barcelona, die nun bestreikt wird. Dass CCOO und UGT nun mitstreiken, ist ein Erfolg, birgt indes für AST, CGT und Co.Bas auch eine Gefahr: Mit diesen Gewerkschaften wollen die Arbeitgeber nun verhandeln. Das Streikkomitee habe ihnen mitgeteilt, »dass wir es sind, die kämpfen und deshalb wir auch verhandeln«, erklärt Ruiz de Azúa. Er erinnert daran, dass es sie waren, die der Politik der Lohnsenkungen und Auslagerungen ihren Segen gegeben hätten.

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