Gnadenlose Selektion

Stefan Otto über die deutsche Zuwanderungspolitik

Ein Expertengremium lobt die Bundesrepublik für ihre fortschrittliche Einwanderungspolitik. Längst sei Deutschland Vorbild für andere Länder geworden, heißt es. Angesichts der demografischen Entwicklung erscheint Zuwanderung notwendig: »Ihre Renten werden von Zuwanderern bezahlt«, sagte der Bildungsforscher Wilfried Bos bei der Vorstellung der Expertise. Ein solcher Satz erscheint durchaus mehrheitsfähig - was wiederum nicht heißt, dass die verbreitete Phobie vor einer zügellosen Einwanderung aus Afrika oder dem Nahen Osten verflogen wäre. In der Asylpolitik verhält sich die Bundesrepublik nach wie vor auffallend restriktiv.

Eine migrationspolitische Gesamtstrategie sei in Deutschland nicht vorhanden, bemängelte denn auch der Sachverständigenrat. In der Zuwanderungspolitik spielen Flüchtlinge nach wie vor keine Rolle. Zwar fordern Stimmen aus der Wirtschaft angesichts des Fachkräftemangels, diesen Menschen einen leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen, und es gab auch einige Lockerungen, doch Flüchtlinge bleiben in der Regel weiterhin außen vor.

Was Zuwanderung angeht, so wird noch immer mit zweierlei Maß gemessen: Wer dem Land nützlich ist, um den bemüht man sich. Wer nicht, kann mitunter jahrelang in einem tristen Heim vor sich hin vegetieren.

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