SYRIZA plant Sonderabgabe für 500 reichste Familien
Überarbeitete Liste: Anhebung der Luxussteuer und Zusatzsteuer für Jahreseinkommen ab 30.000 Euro / IWF: Haben keinen »großen Schuldenschnitt« gefordert – Griechenland braucht aber einen Erlass
Update 18.40 Uhr: Griechenlands Gläubiger haben den Vorwurf der Regierung in Athen zurückgewiesen, keine einheitliche Haltung im Schuldenstreit zu haben. Die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank (EZB) und der Internationale Währungsfonds (IWF) teilten »dasselbe Ziel, Griechenland dabei zu helfen, finanzielle Stabilität und Wachstum zu erreichen«, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der Organisationen, die am Mittwoch in Brüssel veröffentlicht wurde. Die Institutionen arbeiteten »eng zusammen« und »hart« darauf hin, beim Treffen der Euro-Finanzminister am Montag »konkrete Fortschritte zu erreichen«. Die griechische Regierung hatte den internationalen Gläubigern am Dienstag vorgeworfen, für die ins Stocken geratenen Verhandlungen über die weitere finanzielle Unterstützung Athens verantwortlich zu sein. Demnach gibt es zwischen EU und IWF »ernsthafte Differenzen und Widersprüche«.
Update 16.10 Uhr: EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und der griechische Premier Alexis Tsipras haben über Reformen bei den Renten und auf dem Arbeitsmarkt gesprochen. Das teilten die beiden Spitzenpolitiker am Mittwoch nach einem Telefonat mit, bei dem es unter anderem um die Bedeutung der Modernisierung des Rentensystems gegangen sei. Dieses solle »fair, finanziell nachhaltig und effektiv bei der Abwehr von Altersarmut« sein, hieß es in einem Statement der EU-Kommission. Zudem habe man über die Lohnentwicklung sowie Arbeitsmarktinstitutionen gesprochen, welche die Schaffung von Arbeitsplätzen und den sozialen Zusammenhalt unterstützen.
Update 15.40 Uhr: Griechenland sollte nach Einschätzung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nicht auf Russland oder China als Geldgeber zur Lösung der Schuldenkrise hoffen. »Niemand auf der Welt ist bereit, die griechischen Probleme auch nur in Ansätzen zu lösen«, sagte Schäuble am Mittwoch in Berlin in einer Diskussionsrunde mit Schülern und Auszubildenden. »Griechenland bekommt Hilfe von Europa.« Russische Gelder seien unwahrscheinlich, sagte Schäuble. Das Land habe selbst enorme Probleme. »Und die Chinesen verschenken kein Geld«, sagte Schäuble beim Europa-Projekttag weiter. Allenfalls gehe es um Privatisierungen an chinesische Investoren. Aber das sei zu wenig.
Update 10.25 Uhr: Der stellvertretende griechische Finanzminister Dimitris Mardas hat am Dienstag bestritten, nach der Übernahme seines Amtes Ende Januar 80.000 Euro ins Ausland überwiesen zu haben. Dies sei eine »Verleumdung«, sagte er im griechischen Fernsehen. Er wolle juristisch gegen die Medien vorgehen, die diese Berichte veröffentlicht hätten, teilte Mardas mit. Er habe seine Bank beauftragt, alle Transaktionen von ihm und seiner Frau auszudrucken. Die Bestätigung, dass es seit seinem Amtsantritt im Januar keine Überweisungen ins Ausland gegeben hat, wolle er Regierungschef Alexis Tsipras vorlegen. Mardas erklärte weiter, er habe im vergangenen Jahr eine kleinere Summe - »30.000 bis 40.000 Euro« - ins Ausland überwiesen, als er noch keinen Regierungsposten innehatte. Diese Gelder seien für das Studium seiner Tochter bestimmt, sagte er. Die griechische Zeitung »Thessaloniki« hatte zuvor berichtet, die Überweisung von 80.000 Euro an eine Bank in Luxemburg zeige, dass selbst Kabinettsmitglieder kein Vertrauen in die Politik der Regierung in Athen hätten.
Update 10.15 Uhr: Griechenland wird nach Aussagen der Regierung in Athen am Mittwoch fristgemäß 200 Millionen Euro Zinsen an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zahlen. Wie der stellvertretende Finanzminister Dimitris Mardas im griechischen Fernsehen »Mega« sagte, wird die Zahlung heute erfolgen. Schwieriger werde dagegen nach Angaben aus Regierungskreisen die Schulden-Tilgung an den IWF in Höhe von gut 756 Millionen Euro, die am 12. Mai fällig sei. Die SYRIZA-geführte Regierung in Athen will diese Zahlung mit Geldern von Rentenkassen entrichten. Vergangene Woche hatte Athen fast alle staatlichen Institutionen gesetzlich dazu verpflichtet, ihre Geldeinlagen der Zentralbank zu überweisen, damit die Regierung ihren Verpflichtungen nachkommen kann. Athen muss zudem im Mai zweimal Schuldtitel über 1,4 Milliarden Euro mit einer drei und einer sechsmonatigen Laufzeit neu finanzieren. Dies betrifft den 8. und den 15. Mai.
SYRIZA plant Sonderabgabe für 500 reichste Familien
Berlin. Die SYRIZA-geführte Regierung in Athen will mit weiteren steuerlichen Maßnahmen die Einnahmesituation des Landes verbessern. Unter anderem sei auch die Einführung einer Sondersteuer für die 500 reichsten Familien Griechenlands geplant, berichtete die »Bild«-Zeitung unter Berufung auf eine neue Version der von den Gläubigern verlangten Reformliste. Das Papier sei im Athener Finanzministerium erstellt und bereits bei den europäischen Vertretern in Brüssel eingereicht worden sei.
Zugleich solle die Zusatzsteuer angehoben werden, die Beschäftigte mit mehr als 30.000 Euro Jahreseinkommen bezahlen müssen. Auch eine Anhebung der Luxussteuer zum Beispiel auf teure Autos und die Einführung einer Steuer auf Luxusreisen auf griechische Urlaubsinseln sei geplant. Um mehr Steuerehrlichkeit zu erreichen, sollten sämtliche Zahlungen über Beträge von 70 Euro aufwärts nur noch mit EC-Karte möglich und somit nachweisbar sein. Außerdem wolle die griechische Regierung die bisher drei Mehrwertsteuersätze zu einem einheitlichen zusammenführen.
»100 Tage SYRIZA« ist eine Kooperation von Rosa-Luxemburg-Stiftung und »neues deutschland«. Übersetzung der Texte: Kostas Tsanakas und Christina Emmanouilidou. Noch mehr Kommentare und Analysen finden Sie im Internet unter: www.rosalux.de/100-tage-syriza oder dasND.de/syriza
Die neue griechische Regierung verhandelt seit ihrem Amtsantritt Ende Januar mit den Gläubigern über die bisher blockierte Auszahlung aus dem laufenden Kreditprogramm. Dabei geht es um 7,2 Milliarden Euro. Streit gibt es seit Wochen über die von den Gläubigern verlangten Bedingungen. Die Regierung in Athen hat Vorschläge für Reformen präsentiert und auch Kompromissbereitschaft gezeigt. Aus Brüssel und nicht zuletzt Berlin hieß es aber immer wieder, die Reformen gingen nicht weit genug.
Derweil hat der Internationale Währungsfonds (IWF) Berichte zurückgewiesen, wonach er Griechenlands Gläubiger zu einem Schuldenschnitt habe drängen wollen. Zugleich teilte der Fonds jedoch am Dienstag mit, das Land werde möglicherweise einen solchen Schnitt brauchen, um seinen Haushalt langfristig zu stabilisieren. »Während des Treffens der Eurogruppe vergangenen Monat in Riga hat der IWF keinen groß angelegten Schuldenerlass gefordert«, hieß es in einer knappen Mitteilung der in Washington ansässigen Organisation. Mehrere Medien hatten berichtet, der für Europa zuständige IWF-Direktor Poul Thomsen habe bei dem Treffen in Riga gesagt, ein Schuldenschitt sei bei weiterhin stockenden Reformverhandlungen Griechenlands einzige Möglichkeit, die Haushaltsvorgaben zu erreichen. Agenturen/nd
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