Gysi stellt sich vor Liebich
Debatte um Atlantik-Brücke: Linksfraktionschef nennt Forderung nach Mandatsrückgabe »absurd und undemokratisch«
Berlin. In die Diskussion über die Mitgliedschaft des linken Bundestagsabgeordneten Stefan Liebich in der Atlantik-Brücke e.V. hat sich nun auch Gregor Gysi eingeschaltet. Liebich sei »auch auf meinen Wunsch hin Mitglied« geworden, sagte der Linksfraktionschef im Sozialen Netzwerk Facebook. Entscheidend sei gewesen, dass »die Informationen, die man dort erhält, für uns wichtig« sind, sagte der Politiker. Außerdem solle Liebich »unsere Positionen dort hineintragen«.
Gysi nannte Forderungen nach Rückgabe des Mandats »absurd«. Er bezog sich damit auf einen entsprechenden Antrag an den Linkenparteitag in Bielefeld aus zwei Kreisverbänden, die eine »Unvereinbarkeit von Mitgliedschaften« in der Linkspartei und der Atlantik-Brücke e.V. sowie eine Mandatsrückgabe fordern. Liebich wird dort namentlich genannt.
Gysi sagte, damit würden die Antragsteller »ein mangelndes demokratisches Verständnis« beweisen: »Darüber hat kein Parteitag zu entscheiden, sondern nur die Wählerinnen und Wähler.« Gysi kritisierte weiter, wer denke, er »könne innerparteiliche Differenzen mit dem Ausschluss unliebsamer Genossen erledigen, hat die politische Wende seit 1989 offenkundig verpennt und niemals begriffen«.
Die Atlantik-Brücke e.V. bezeichnet sich als »überparteilicher Verein zur Stärkung der deutsch-amerikanischen Freundschaft« und zielt nach eigenen Angaben darauf ab, »eine Brücke zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten zu schlagen«. Bei Lobby-Control heißt es kritisch, es handele sich um einen Interessenverband, »dem führende Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Medien angehören, die über das gemeinsame Netzwerk gesellschaftspolitischen Einfluss nehmen und Kontakte pflegen«.
Kritik an der Atlantik-Brücke e.V. hat es in der Linkspartei immer wieder einmal gegeben. »Wir müssen uns mit solchen Lobbyorganisationen und deren Einfluss auf deutsche Politik und Medien kritisch auseinander setzen«, hatte unter anderem die Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen erklärt. In einem weiteren Antrag an den Bielefelder Parteitag heißt es, »welcher Partei auch immer diejenigen angehören, die in Atlantikbrücken eine Kumpanei mit der US-Kriegspolitik eingehen: Die Linke wird sich gegen diese Atlantiker zur Wehr setzen.«
Liebich hatte gegenüber »nd« erklärt, er »trage eben nicht, wie es einige behaupten, die Positionen der Atlantikbrücke in die Linkspartei, sondern ganz im Gegenteil. Ich vertrete dort unsere Positionen. Vorher gab es dort keine linke Stimme.« Auch andere Linkenpolitiker hatten gewarnt, man müsse über außen- und friedenspolitische Positionen »diskutieren und nachdenken können, ohne dass eine Seite sofort mit dem Bannstrahl der Kriegstreiberei belegt wird«. nd
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