Karlsruhe klärt Besetzung von Gremien des Vermittlungsauschusses

Klagende Linke sieht sich von Kompromissfindung ausgeschlossen

  • Lesedauer: 3 Min.
Muss die sogenannte Spiegelbildlichkeit im Bundestag auch für Arbeitsgruppen in Ausschüssen gelten? Das Bundesverfassungsgericht entscheidet, ob auch kleine Oppositionsparteien Anspruch auf einen Sitz in Untergremien haben.

Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht will grundsätzlich klären, ob kleine Oppositionsparteien Anspruch auf einen Sitz in Untergremien des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat haben. Diese Frage sei verfassungsrechtlich noch nicht entschieden, sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle am Dienstag bei der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe.

Anlass für das Verfahren ist die Klage der Linken-Fraktion sowie der beiden früheren Linken-Abgeordneten Dagmar Enkelmann und Ulrich Maurer. Sie durften bei der Suche nach einem Kompromiss zur Hartz-IV-Gesetzgebung im Jahr 2010 nicht an einer Arbeitsgruppe des Vermittlungsausschusses sowie informellen Gesprächen teilnehmen.

Im Kern des Streits geht es um die Frage, ob das sogenannte Prinzip der Spiegelbildlichkeit im Bundestag, wonach dort jeder Ausschuss ein verkleinertes Abbild des Plenums sein muss, auch für den Vermittlungsausschuss zu gelten hat. Der Vermittlungsausschuss besteht aus je 16 Mitgliedern von Bundestag und Bundesrat und soll Kompromisse finden, wenn der Bundesrat einem Gesetzesvorschlag des Bundestags nicht zustimmt.

Der Bundesrat entsendet dazu je einen Vertreter aus den Ländern. Die vom Bundestag entsandten Mitglieder werden nach dem Prinzip der Spiegelbildlichkeit der im Bundestag vertreten Parteien gewählt. Dieses Prinzip soll nach Ansicht der klagenden Linken-Fraktion auch für untergeordnete Arbeitsgruppen gelten.

2010 waren Enkelmann und Maurer zwar im Vermittlungsausschuss vertreten. Doch die Teilhabe an einer Arbeitsgruppe und an informellen Gesprächen hatte die Mehrheit der Ausschussmitglieder von Union, SPD, Grünen und FDP abgelehnt.

Die Linken-Abgeordnete Petra Sitte kritisierte als Vertreterin ihrer Fraktion, dass der Ausschuss damit die kritischen Fragen ihrer Partei zur Hartz-IV-Gesetzgebung »bewusst umgangen« habe und das »Ergebnis demokratischer Wahlen« missachtet worden sei.

Der Klägervertreter und Rechtsgelehrte Wolfgang Ewer forderte deshalb eine Änderung der Geschäftsordnung des Vermittlungsausschusses. Darin müsse sich das Prinzip der Spiegelbildlichkeit wiederfinden, um die Teilhabe kleiner Parteien auch an Arbeitsgruppen sicherzustellen.

Die Rechtsvertreter von Bundestag, Bundesrat und Vermittlungsausschuss wiesen dies einhellig zurück. Nach deren Darstellung muss der Vermittlungsausschuss in schwierigen Situation Kompromisse finden, die von Bund und Ländern akzeptiert werden können.

Zum Ausloten von solchen Kompromisslinien seien oftmals Untergruppen oder gar informelle Gespräche zwischen wenigen Vertretern der verschiedenen Lager nötig. Diese Auffassung teilte auch die Grünen-Bundesabgeordnete Renate Künast, die an der Verhandlung in Karlsruhe teilnahm.

Die Geschäftsführerin des Vermittlungsausschusses und Staatssekretärin im Bundesrat, Ute Rettler, bezeichnete die Arbeitsgruppen und informellen Diskussionsrunden gar als »Herzstück« der Kompromissfindung. Ewer stimmte dem zu, betonte aber, dass Oppositionsvertreter von dieser Form der Meinungsbildung nicht ausgeschlossen werden dürften.

In den kritischen Fragen der Richter deutete sich an, dass Karlsruhe Ausnahmen vom Grundsatz der Spiegelbildlichkeit für gerechtfertigt halten könnte. Etwa bei informellen Gesprächsrunden: Jede Form der Formalisierung führe erneut zu informellen Runden, gab Voßkuhle zu bedenken. Das Urteil wird erst in einigen Monaten erwartet. AFP

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