Einfach nur eine Stimme hören
19 700 Anrufe - oft kein Durchkommen bei Telefonseelsorge Halle in Sachsen-Anhalt
Halle. Die Telefonseelsorge in Halle (Sachsen-Anhalt) will helfen, doch oft sind alle Leitungen belegt. »Wir sind dauerhaft im Gespräch. Mehr als 24 Stunden an sieben Tagen die Woche geht nicht«, sagte die Leiterin der Telefonseelsorge Halle, Dorothee Herfurth-Rogge, der dpa. Der Andrang sei so groß, dass es im Schnitt acht Versuche brauche, um zu einem der ehrenamtlichen Seelsorger durchzukommen. Etwa 19 700 Mal habe das Telefon im vergangenen Jahr in Halle geklingelt.
Besonders schwere Zeiten gebe es nicht, sagte Herfurth-Rogge: »Die Anrufe verteilen sich gleichmäßig über das gesamte Jahr. Denn viele Menschen sind dauerhaft einsam.« So sei jeder Fünfte ein Daueranrufer mit einer psychischen Erkrankung. »Es sind dabei häufig Depressive oder Menschen mit Persönlichkeitsstörung, die einfach nur eine Stimme hören wollen«, so Herfurth-Rogge. Da diese Menschen oft ihr soziales Umfeld verloren hätten, tue es ihnen gut, mit jemanden zu reden, der bei Sorgen und Problemen zuhöre. Deswegen dauere auch mehr als ein Viertel der Gespräche länger als 30 Minuten.
Die Gespräche führen aktuell 90 ehrenamtliche Helfer in der Telefonseelsorge Halle. Sie haben sich ein Jahr in Gesprächsführung, Beratung und Selbst- und Fremdwahrnehmung ausbilden lassen. Sie sprechen hauptsächlich mit allein lebenden Menschen im Alter von 39 bis 59 Jahren. Neben der Einsamkeit werden auch aktuelle Themen besprochen. »Viele haben auch angerufen, nachdem das Germanwings-Flugzeug in Frankreich abgestürzt war, obwohl sie nicht direkt betroffen waren«, sagte die Stellenleiterin. Auch in Magdeburg und Dessau-Roßlau kümmern sich Seelsorger rund um die Uhr um Menschen in Not. Das Geld kommt von der evangelischen und katholischen Kirche, aber auch von den Landkreisen und Spendern. Die Selsorge ist bundesweit einheitlich rund um die Uhr unter 0800-111-0-111 oder 0800-111-0-222 kostenlos erreichbar. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.