Der Terminator verschickt blaue Briefe

Malaysia Airlines bereitet den Neustart vor - 6000 Kündigungen, Kostensenkungen und ein geändertes Logo sollen den Konzern sanieren

  • Mathias Peer, Bangkok
  • Lesedauer: 3 Min.
Der neue Vorstandschef von Malaysia Airlines, Christoph Müller, baut den Konzern grundlegend um. Ob der Name erhalten bleibt, ist noch unklar.

Christoph Müller beginnt seine Arbeit mit einer Bankrotterklärung. »Wir sind praktisch pleite«, sagt der Chef der Unglücksfluglinie Malaysia Airlines, als er am Montag in Kuala Lumpur vor Journalisten tritt. Der aus Deutschland stammende Luftfahrtmanager plant deshalb einen kompletten Neustart für das Unternehmen, das im vergangenen Jahr mit dem Verlust von zwei Passagiermaschinen weltweit Schlagzeilen machte. Dabei kamen über 500 Menschen ums Leben.

Müller will die alte Betreibergesellschaft von Malaysia Airlines durch einen neu gegründeten Konzern ablösen. Dafür verschickte er bis Montag 20 000 Kündigungsschreiben an alle Beschäftigten. Nur rund 14 000 erhielten zeitgleich das Angebot, auch im neuen Unternehmen weiterzuarbeiten. Der Rest verliert seine Stelle. Er sei traurig darüber, dass die Trennung notwendig sei, sagt Müller und bedankt sich bei den Betroffenen für ihre Dienste.

Malaysia Airlines wird derzeit vom Staatsfonds Khazanah Nasional kon-trolliert, der die Fluggesellschaft komplett umbauen will. Der drastische Stellenabbau war bereits seit Monaten erwartet worden. Um das schwer angeschlagene Unternehmen zu retten, hat es sich Müller zum Ziel gesetzt, die Ausgaben um 20 Prozent zu reduzieren. So könne er den defizitären Luftfahrtkonzern wieder wettbewerbsfähig machen und voraussichtlich bis 2018 in die Gewinnzone steuern, sagte der Vorstandschef, der seit rund drei Monaten an einem Sanierungsplan arbeitet.

Nach dem Verschwinden von Flug MH 370 im März vergangenen Jahres und dem Abschuss von Flug MH 17 über der Ukraine im darauf folgenden Juli verschärften sich die wirtschaftlichen Probleme der bereits zuvor verlustreichen Fluglinie. Zahlreiche Kunden mieden die Airline. Das ist laut Müller bis heute zu spüren. Die Berichte über die Suche nach MH 370 würden regelmäßig an die Tragödien erinnern. »Die Menschen bekommen dadurch Angst«, sagt Müller.

Der für September geplante Neuanfang mit einer Nachfolgefluglinie soll das Unternehmen von dem Negativimage befreien. Im Zentrum steht eine Markenstrategie, die Müller in den kommenden Wochen vorstellen will. Neben einem neuen Logo und neuer Farbgebung ist offenbar auch eine Umbenennung eine Option. »Wir wollen als eine neue Airline starten, haben dabei aber keine Absicht, unsere Vergangenheit zu leugnen«, sagt Müller.

Der Airline-Chef hat Erfahrungen mit kriselnden Unternehmen. Vor seinem Einsatz bei Malaysia Airlines machte Müller die irische Fluglinie Aer Lingus, die stark unter der Finanzkrise gelitten hatte, mit einem harten Sanierungskurs wieder profitabel. Wegen der starken Einschnitte, die er dem Unternehmen zumutete, verpassten ihm Journalisten den Spitznamen »Terminator«.

Auch Malaysia Airlines will er von Grund auf reformieren. »Wir sind nicht die alte Firma in Verkleidung, sondern ein echtes Start-up«, sagt Müller. Zahlreiche internationale Flugverbindungen stehen zur Debatte, in Europa gilt nur die Strecke nach London als gesetzt. Zudem will Müller im Zuge des Schrumpfkurses zwei Maschinen des Typs A 380 verkaufen. Außerdem sollen überteuerte Verträge mit Zulieferern neu verhandelt werden. Müller zeigt sich vorsichtig optimistisch, dass seine Rettungsmission gelingen wird: »Ich weiß noch nicht, ob ich hier auf einem Pferd oder einem Esel sitze«, sagt er. »Wir bewegen uns jedenfalls vorwärts - es ist nur eine Frage der Geschwindigkeit.«

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