Immer mehr Schwerbehinderte auf Hartz IV

Trotz oft überdurchschnittlicher Qualifizierung finden vor allem ältere Menschen mit Handicap keinen Job

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Zahl älterer Schwerbehinderter, die Hartz IV beziehen, ist in den vergangenen Jahren gestiegen. LINKE und DGB fordern nun entschiedene Maßnahmen.

Schwerbehinderte Menschen sind am Arbeitsmarkt immer noch benachteiligt. Dies zeigt eine Untersuchung des DGB, die in der Mai-Ausgabe der gewerkschaftseigenen Publikation »arbeitsmarkt aktuell« veröffentlicht wurde. Demnach seien ältere Schwerbehinderte »häufiger arbeitslos und besonders von Langzeitarbeitslosigkeit und Hartz IV-Bedürftigkeit bedroht«. Im Jahr 2014 waren den Angaben zufolge 112 000 ältere Betroffene auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen. Das waren 8000 Betroffene mehr als im Jahr 2008. Der Anstieg erfolgte »trotz relativ günstiger Arbeitsmarktlage und erhöhtem Fachkräftebedarf«, so die Autoren. Dabei seien Schwerbehinderte »überdurchschnittlich qualifiziert, d.h. sie haben öfter eine berufliche Ausbildung abgeschlossen, als die Arbeitslosen insgesamt«, heißt es beim DGB. Doch offenbar könne »dieser Vorteil die Vermittlungshemmnisse Alter und Behinderung nicht ausgleichen«. Denn ob behindert oder nicht: Wer älter ist als 55 und seinen Job verliert, der findet so schnell keinen neuen.

Die DGB-Autoren kritisieren, dass die Förderung älterer, schwerbehinderter Arbeitsloser rückläufig sei. Die Einsparungen hätten »unmittelbaren Einfluss auf das Anwachsen der Arbeitslosenzahlen bei der Zielgruppe«. Seit Jahren schon werden die arbeitsmarktpolitischen Instrumente der Jobcenter zusammengestrichen. Dabei traf es offenbar auch die relativ teuren Instrumente zur Unterstützung von Schwerbehinderten. In der gleichen Zeit hätten aber »billigere und kurzfristige Maßnahmen, wie Probebeschäftigungen, zugenommen«, so die DGB-Autoren.

Auch die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Sabine Zimmermann, forderte am Montag im »nd«-Gespräch, dass die Arbeitgeber »stärker in die Pflicht genommen werden«. Konkret plädierte Zimmermann für eine Erhöhung der Ausgleichsabgabe, die Betriebe zahlen müssen, die die vorgeschriebene Zahl von schwerbehinderten Menschen unterschreiten. Derzeit müssen kleinere Firmen mit weniger als 40 Arbeitsplätzen mindestens einen schwerbehinderten Menschen anstellen. Tun sie das nicht, zahlen sie pro Monat 115 Euro Strafe. Größere Betriebe müssen bis zu 290 Euro an das zuständige Integrationsamt entrichten. Der DGB will diese Abgabe auf bis zu 750 Euro anheben.

Zimmermann unterstrich aber auch: »In Deutschland muss ein gesamtgesellschaftliches Umdenken stattfinden: Noch traut man Menschen mit Behinderung zu wenig zu, Das muss sich ändern«, so die Politikerin.

Das Bundesarbeitsministerium räumt auf »nd«-Anfrage ein, dass »schwerbehinderte arbeitslose Menschen von der guten Entwicklung am Arbeitsmarkt nicht im gleichen Umfang profitieren wie nicht schwerbehinderte arbeitslose Menschen«. Ein Ministeriumssprecher betonte, dass es in erster Linie notwendig sei, »mehr Arbeitgeber für die Ausbildung und Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen zu gewinnen und sie zu unterstützen«. Zudem werde man im Rahmen der »Initiative Inklusion« 40 Millionen Euro für 4000 zusätzliche Arbeitsplätze für Menschen über 50 bereitstellen.

Angesichts der 112 000 älteren Behinderten im Hartz-IV-Bezug ist das nicht mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein.

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