Wenig Transparenz bei EU-Agrarsubventionen
Wer bekommt welche Gelder aus Brüssel? Neue Veröffentlichungspraxis verschleiert Daten
Der EU-Agrarhaushalt ist mit rund 40 Prozent der Ausgaben der größte Posten der Union, die jährliche Verteilung der rund sechs Milliarden Euro ein anhaltender Streitpunkt. Denn besonders Großbetriebe profitieren von dem Geld aus Brüssel.
So erhielt der Stromkonzern RWE laut Datenbank des Bundeslandwirtschaftsministeriums 2014 erneut rund 450 000 Euro, E.on immerhin 100 000 Euro. Unter den Großunternehmen sind auch wieder der Mannheimer Zuckerriese Südzucker mit rund zwei Millionen Euro, von denen rund 240 000 Euro aus dem Topf der umstrittenen Exporterstattungen stammt. Der Konkurrent Pfeiffer&Langen (Diamant-Zucker) erhielt aus diesem Posten rund eine Million Euro.
Auch europäische Schlachtkonzerne wurden subventioniert, darunter Größen wie der französische Geflügelproduzent Doux oder der niederländische Schlachtkonzern Hunland. Beide profitierten bei den Exporterstattungen mit rund 60 000 Euro. Geld aus Brüssel gab es auch für Adrianus Straathof. 600 000 Euro bekam der niederländische Schweinezüchter, gegen den mehrere Gerichtsprozesse wegen Tierquälerei laufen.
Hohe Summen flossen an Großbetriebe im Osten Deutschlands. Den größten Anteil machten dabei die Direktzahlungen aus, die 2014 noch nach der bewirtschafteten Fläche errechnet wurden. Spitzenreiter ist hier die Agrar-Produkte eG Spornitz mit rund zwei Millionen Euro.
Der Veröffentlichung der Subventionsempfänger gingen ein langjähriger Streit und eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes voraus. Umweltorganisationen wie der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und Greenpeace, aber auch der alternative Bauernverband Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft hatten mehr Transparenz über die Vergabe dieser öffentlichen Gelder eingefordert. Der Deutsche Bauernverband dagegen sperrt sich nach wie vor und kritisiert, die Veröffentlichung verstoße »gegen Persönlichkeitsrechte und sind Anreiz für die missbräuchliche Verwendung«. In verschiedenen Bundesländern unterstützt der Verband deshalb Klagen gegen die Herausgabe der Daten.
Auch Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) sieht die Veröffentlichung »grundsätzlich kritisch«. In der Umsetzung versucht sein Ministerium deshalb so wenig Transparenz wie möglich zu schaffen. So ist die Datenbank zwar detaillierter, aber die Recherche noch komplizierter. Eine bundes- oder landesweite Liste ist nicht abrufbar.
Ein Beispiel: Das in Hamburg ansässige börsennotierte Unternehmen KTG Agrar besitzt in Deutschland laut Geschäftsbericht rund 30 000 Hektar Land, einen Großteil davon in Ostdeutschland. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums (BMEL) erhalten die deutschen Bauern 2014 Direktzahlungen von 310 Euro pro Hektar. Umgerechnet stünden der KTG Agrar somit rund elf Millionen Euro an Subventionen zu - eigentlich also ein Großempfänger von EU-Subventionen. In der Datenbank des BMEL jedoch findet sich unter dem Unternehmensnamen kein Eintrag. Erst der Blick in den Geschäftsbericht in Verbindung mit einer Suche im Unternehmensregister zeigt: Allein die zur KTG Agrar gehörenden Betriebe im brandenburgischen Putlitz erhalten rund 1,3 Millionen Euro an Subventionen. Nun steht die KTG Agrar in der Kritik, nicht nur jährlich weitere Betriebe aufzukaufen, sondern indirekt auch die Pachtpreise in Ostdeutschland für kleinere Betriebe in unerschwingliche Höhen zu treiben. »Die Subventionen und die Intransparenz der Datenbank haben der KTG Gruppe sicher nicht geschadet, wenn sie in Geschäftsberichten angibt, sich allein in Deutschland jährlich um rund 2000 Hektar zu vergrößern, einer Fläche die der Einverleibung von 40 Durchschnitts-Bauernhöfen entspricht«, sagt BUND-Agrarexpertin Reinhild Benning. Sie kritisiert zudem die Umsetzung der EU-Transparenzrichtlinie als »Verschlimmbesserung«. Die Namen vieler Agrar-Fördertöpfe seien zwar neuerdings sichtbar, doch die größten Subventionsprofiteure seien noch viel schwieriger zu finden als vorher.
An der mangelnden Transparenz wird sich wohl auch zukünftig nichts ändern. So hat Schmidt bereits angekündigt, er werde genau beobachten, »wie die veröffentlichten Daten verwendet werden«, und im Zweifel »nicht zögern, auf europäischer Ebene die erforderlichen Änderungen der EU-Bestimmungen einzufordern«.
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