Metaller auf der Straße
Bundesweiter Aktionstag der IG Metall gegen Stellenabbau bei Siemens
Es ist 8.30 Uhr, als sich an diesem wolkenverhangenen Dienstagmorgen rund 250 Mitarbeiter vor dem Südtor von Siemens in München-Neuperlach versammeln. Mit dabei: rote Fahnen, Trillerpfeifen und Infomaterial. Die Stimmung ist gut und kämpferisch. »Der Mensch kommt vor der Marge«, lautet eine Parole. Man wolle eine Deutschlandstrategie für Siemens, es werde nicht genügend investiert, man brauche Innovationen und Investitionen, bringt Renate Stubitsch von der IG Metall München die Forderungen der Kollegen auf den Punkt.
Die Kundgebung in Neuperlach (an dem Standort geht es vor allem um Softwareentwicklung) ist nur eine von vielen an diesem Morgen in ganz Deutschland. Mit einem bundesweiten Aktionstag protestierte die Metallergewerkschaft gegen erneute Personalabbaupläne beim Weltkonzern Siemens. Auch München mit seinen insgesamt rund 8000 Siemens-Arbeitsplätzen ist davon betroffen.
Der Konzern hatte im Mai außer seinen Quartalszahlen auch Pläne für einen erneuten Stellenabbau vorgelegt: Im Rahmen eines sogenannten Transformationsprogrammes sollen vor allem im Energiebereich weitere 2200 Stellen in Deutschland wegfallen - über den bereits bekannten Abbau von 1200 Arbeitsplätzen hinaus. Weltweit werden rund 4500 Mitarbeiter betroffen sein. Siemens reagiere, so die IG Metall, »damit nach dem altbekannten Schema auf den steigenden Druck durch Analysten und an den Börsen: Das Management dreht bei akuten oder strukturellen Problemen reflexartig an der Schraube der Personalkosten, statt langfristig tragfähige Lösungsansätze zu entwickeln.«
Für die Gewerkschaft ist klar: Die Energiewende als wesentlicher Faktor der Marktveränderungen ist seit vier Jahren absehbar. Das Management aber habe dies zu lange ausgesessen und frühzeitiges Umsteuern hin zu alternativen Zukunftsfeldern hinausgezögert. Jetzt sollten die Folgen dieser Versäumnisse auf die Beschäftigten abgewälzt werden: »Eine solche kurzfristige Flickschusterei aber kann proaktives Gestalten der Zukunft, wie es IG Metall und Betriebsräte im Rahmen ihrer Arbeitnehmerinitiative ›Siemens 2020‹ seit Jahren fordern und fördern, nicht ersetzen«, so die Metaller. Anstatt »schon wieder eine neue Sau durchs Dorf« zu treiben, forderte der bayerische IG-Metall-Bezirksleiter Jürgen Wechsler eine Diskussion, wie die Standorte in Bayern und ganz Deutschland gesichert werden können. Die IG Metall erwarte von Siemens, sich nicht kurzfristigem Renditedruck zu beugen, sondern Innovationen in neue Produkte mit zukunftsorientierten Konzepten für alle Standorte umzusetzen.
Die Hauptkundgebung des IG-Metall-Aktionstages in Bayern fand mit 1200 Teilnehmern in Nürnberg statt, 3500 Kollegen aus Nordrhein-Westfalen versammelten sich in Duisburg, in Berlin kamen 1500 Gewerkschafter zum Verwaltungsgebäude an der Nonnendammallee. Zusätzlich wurden Flugblätter verteilt, gab es Infostände und Mitarbeiterversammlungen.
Birgit Steinborn, Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats und stellvertretende Vorsitzende im Aufsichtsrat von Siemens, fasste die Ziele der Aktionen zusammen: »Wir wollen klarmachen, dass ein globales Unternehmen wie Siemens eine Strategie für das Innovations- und Hochtechnologieland Deutschland braucht, um weiterhin weltweit konkurrenzfähig zu bleiben. Wir werden daher um den Erhalt von Arbeitsplätzen und den Erhalt der Wertschöpfungskette kämpfen. Wir brauchen langfristige Perspektiven für die deutschen Standorte.« Reine Kostensparprogramme wirkten einer langfristig orientierten Zukunftsperspektive für das Unternehmen entgegen und dies nicht nur in Deutschland. »Darum werden wir kämpfen wie die Bären!«, versprach Steinborn den Siemens-Mitarbeitern in Berlin.
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