EU-Innenminister beraten über Quote für Flüchtlinge

Kommission geht Berichten über Wiedereinführung von Grenzkontrollen nach / Italienienische Polizisten räumen Flüchtlingscamp

  • Lesedauer: 3 Min.
40.000 Flüchtlinge, die momentan in der Mittelmeer-Region gestrandet sind, sollen auf andere EU-Staaten verteilt werden. Diese tun sich schwer damit, weitere Geflüchtete aufzunehmen. Und machen ihre Grenzen dicht.

Luxemburg. Angesichts des Streits der EU-Staaten um die Aufnahme von Flüchtlingen hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vor einem Ende der Freizügigkeit in Europa gewarnt. Er wolle keine Änderungen am Schengenabkommen und »keine systematischen Grenzkontrollen wieder einführen«, sagte de Maizière beim Treffen der EU-Innenminister am Dienstag in Luxemburg. Wenn aber Länder ihre Verpflichtungen aus dem europäischen Asylrecht nicht erfüllten, könne dies zum »Ende von freiem Verkehr in Europa« führen. »Jeder muss sich der Gefahr bewusst sein.«

Damit spielt der deutsche Innenminister den Ersteinreise-Ländern der Mittelmeerregion den schwarzen Peter zu. Diese Länder, die von einer hohen Einreisequote betroffen sind, sollen nun auch noch die Verantwortung dafür tragen, dass die Geflüchteten in ihren Ländern bleiben und keine europäischen Grenzen überschreiten, da ansonsten Länder wie Deutschland und Frankreich wieder ihre Grenzen schließen.

Bei dem Treffen in Luxemburg wird über den Vorschlag der EU-Kommission beraten, 40.000 Flüchtlinge aus den Mittelmeerländern Italien und Griechenland über Quoten auf andere EU-Staaten zu verteilen. Das Vorhaben stößt insbesondere bei einer Reihe von Ländern aus Osteuropa auf Widerstand. Gleichzeitig geht die EU-Kommission derzeit Berichten nach, wonach Frankreich, Österreich und die Schweiz wieder Grenzkontrollen eingerichtet haben sollen, um aus Italien kommenden Flüchtlingen die Einreise zu verweigern.

Nach den Regeln des Schengen-Abkommens darf es keine systematischen Grenzkontrollen geben. Die EU-Asylregeln sehen gleichzeitig vor, dass Flüchtlinge dort ihren Asylantrag stellen müssen, wo sie zuerst europäischen Boden betreten. Italien wird immer wieder vorgeworfen, die ankommenden Bootsflüchtlinge nicht zu registrieren und so ihre Weiterreise in andere europäische Länder zu ermöglichen. Deutschland ist dabei eines der Hauptzielländer.

Italienienische Polizisten räumen Flüchtlingscamp

Im Streit um Hunderte gestrandete Migranten an der italienisch-französischen Grenze hat Italiens Polizei ein Flüchtlingscamp geräumt. Die Beamten brachten am Dienstagmorgen Dutzende Migranten weg, die an der Mittelmeerküste im italienischen Ventimiglia gelagert hatten, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Die überwiegend aus Afrika stammenden Menschen hatten dort seit einigen Tagen ausgeharrt und auf eine Möglichkeit gewartet, um über die Grenze nach Frankreich weiterzureisen.

Die Menschen waren auf der italienischen Seite der Grenze gestrandet, nachdem französische Polizisten sie an der Einreise gehindert hatten. Innenminister Bernard Cazeneuve betonte, es handele sich nicht um eine Blockade der Grenze, Italien müsse den Flüchtlingen helfen.

Einige Dutzend Menschen wurden daraufhin laut Ansa von der Polizei weggetragen und mit einem Bus zum Bahnhof von Ventimiglia gebracht. Dabei kam es auch zu kleineren Auseinandersetzungen, weil sich einige Migranten wehrten. »Es ist genau die Szene von Ventimiglia, aus der alle ihre Lehren ziehen müssen«, sagte Italiens Innenminister Angelino Alfano vor dem Treffen der EU-Innenminister in Luxemburg, bei dem er auch über die Situation an der Grenze sprechen wollte. Agenturen/nd

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