Von Mosambik nach Moabit
Die neuen UNO-Nachhaltigkeitssziele werden auch für Länder des Nordens Maßstäbe setzen
»Von den Millenniumsentwicklungszielen zu den nachhaltigen Entwicklungszielen (SDG) - Alter Wein in neuen Schläuchen?« Dieser Frage ging die Stiftung Nord-Süd-Brücken bei ihrer Jahresveranstaltung letzten Freitag vor rund 100 Interessierten im Berliner Haus der Demokratie und Menschenrechte nach. Aus aktuellem Anlass: Im September treffen sich die Staats- und Regierungschefs der UNO-Mitgliedsstaaten in New York, um eine globale Agenda zu beschließen, die Entwicklung und Nachhaltigkeit gleichermaßen berücksichtigen soll.
Die SDG treten an die Stelle der acht Millenniumsentwicklungsziele, die seit 2000 Entwicklungsmaßstäbe in den Ländern des Globalen Südens lieferten, ob in der Armutsbekämpfung oder bei der Gleichstellung der Geschlechter. Die neuen 17 Nachhaltigkeitsziele, die zudem 169 Zielvorgaben umfassen, sollen für alle Staaten, also auch die reichen Industriestaaten, in gleicher Weise gelten. Praktisch bedeutet dies, dass nun die Bekämpfung von Armut nicht nur auf Länder wie Mosambik bezogen wird, sondern das hohe Armutsrisiko von Menschen in Berlin-Moabit und im Wedding abgebaut werden soll. Beim dritten SDG-Ziel wird nicht nur der Zugang zu medizinischer Versorgung in Cochabamba in Bolivien in den Blick genommen, sondern auch die vielen Menschen ohne Krankenversicherung in den USA oder Griechenland.
Jens Martens, Direktor des Global Policy Forums, der ab dieser Woche die erste offizielle Konsultationsrunde der UNO zu den Nachhaltigkeitszielen in New York für die deutsche Zivilgesellschaft beobachten wird, bezeichnet die nachhaltigen Entwicklungsziele als »mehrdimensionalen Ansatz zukunftsgerechter Entwicklung«. Ihnen läge ein breiteres Entwicklungsverständnis zugrunde, welches auch die Menschenrechte und ökologische Grenzen unseres Planeten beachte. Um den Erfolg der neuen universellen Agenda zu gewährleisten, sei es von zentraler Bedeutung, konkrete Vereinbarungen über ihre Finanzierung und Umsetzung zu treffen. Auch muss geregelt werden, wie geeignete Instrumente zur Überprüfung auf lokaler, nationaler und globaler Ebene aussehen könnten.
Vertreter ostdeutscher Nichtregierungsorganisationen (NRO) gaben sich optimistisch. »Einen Grund zur Hoffnung bietet die enge Verknüpfung von umwelt- und entwicklungspolitischen Themen«, so Rita Trautmann von arche noVa. Hieraus ergäbe sich die Chance auf eine stärkere Wahrnehmung und Umsetzung entwicklungspolitischer Bildung im schulischen Bildungssystem. Aziz Lamere von moveGlobal verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass die Rolle der Diasporaorganisationen in der Entwicklungszusammenarbeit deutlich gestärkt werden müssen.
Bernhard Felmberg vom deutschen Entwicklungsministerium verwies darauf, dass es wichtig sei, die Öffentlichkeit über die globale Entwicklungsagenda zu informieren. In der anschließenden Diskussion mit dem Publikum wurde unter anderem vorgeschlagen, die Verabschiedung der Nachhaltigkeitsziele in New York zum Anlass zu nehmen, das Verständnis von Entwicklungspolitik im 21. Jahrhundert zu überarbeiten und den veränderten Bedingungen anzupassen. Es geht nicht nur um die Ungleichheit und ungleiche Verteilung von Ressourcen zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden. Es geht auch um die Bekämpfung der Ungleichheit innerhalb einer Gesellschaft. Dem müsste auch Entwicklungspolitik Rechnung tragen.
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