Trotz schwerer Krankheit abgeschoben
Familie ohne Ankündigung nach Russland ausgeflogen
Eine fünfköpfige Familie wurde in der Nacht zu Montag aus Sachsen-Anhalt unangekündigt abgeschoben. Darunter befanden sich die an Diabetes erkrankte Mutter und ein von Geburt an blindes Kind.
Die Abschiebung hatte die Familie aus Merseburg vollkommen unvorbereitet getroffen. Unterstützer der Familie berichten, die Polizei hätte sie früh um halb fünf Uhr aus der Wohnung abgeholt. Während des Transports zum Flughafen nach Berlin soll die an Diabetes erkrankte Mutter mehrfach ohnmächtig geworden sein. Die Abschiebung wurde dennoch fortgesetzt.
Der Vater war vergangenes Jahr mit seiner Frau und seinen fünf bis zwölf Jahre alten Kindern aus Russland geflohen. Dem Mann wird nach eigener Aussage in Russland vorgeworfen, einen Mord an einem Freund begangen zu haben. Er sah sich Bedrohungen ausgesetzt und erwartete keinen fairen Prozess, im schlimmsten Fall sogar Folterung.
Das älteste der drei Kinder ist nach einer Gehirnblutung von Geburt an blind und hatte sich zuvor mehrfach in Deutschland für entsprechende Operationen aufgehalten. Laut Unterstützerkreisen der Familie hat die behandelnde Ärztin zu weiteren Behandlungen geraten. In Russland könnten diese nicht durchgeführt werden.
Der Landtagsabgeordnete Sebastian Striegel (Grüne) findet deutliche Worte für den Fall: »Mit dieser Abschiebung zeigt die Ausländerbehörde des Saalekreises ein unbarmherziges und inhumanes Gesicht.« Er fordert die Behörde auf, nächtliche und unangekündigte Abschiebungen einzustellen. Antje Arndt vom Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt sieht das ähnlich. In ihrer Einschätzung würden die Behörden nur noch die grundsätzliche Reisefähigkeit der Betroffenen sicherstellen. »Die Gesundheit steht nicht im Mittelpunkt.«, sagt sie. »Es geht nur noch darum, dass die Menschen den Transport überleben.« Arndt kann sich vorstellen, dass die Ankündigung ausblieb, da in letzter Zeit immer wieder Abschiebungen in Sachsen-Anhalt verhindert wurden.
Der verantwortliche Landkreis möchte sich zu dem konkreten Fall aus Datenschutzgründen nicht äußern. Die Pressesprecherin erklärte lediglich, dass es das generelle Ziel sei, die Belastung im Rahmen der Abschiebung so gering wie möglich zu halten.
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