Der Plan vom Kohleausstieg
Sachverständigenrat für Umweltfragen macht sich für Gabriels CO2-Abgabe stark
Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) hat die Bundesregierung aufgefordert, einen Kohlekonsens auf den Weg zu bringen. »Wir müssen jetzt einen Fahrplan für den schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2040 entwickeln«, erklärte der SRU-Vorsitzende Martin Faulstich, Professor für Umwelt- und Energietechnik an der Technischen Universität Clausthal, bei der Vorstellung einer Studie zum Thema am Montag in Berlin. Das würde auch zeigen, dass die Bundesregierung die Beschlüsse des G7-Gipfels und die neue Enzyklika des Papstes ernst nimmt.
Der SRU war 1971 vom Innenministerium ins Leben gerufen werden. um die Bundesregierung in Umweltfragen zu beraten - ein Umweltministerium gab es seinerzeit noch nicht. Immer wieder hat das aus sieben Wissenschaftlern bestehende Gremium durch kritische Stellungnahmen zur Energiepolitik der Bundesregierung von sich reden gemacht. 2011 scheiterte ein Versuch der schwarz-gelben Koalition, den Sachverständigenrat durch Benennung eines ihr genehmen Direktors auf Linie zu bringen.
Auch in seinem neuesten Kommentar übt der SRU Kritik an der Regierung. Sie solle aus den Fehlern beim Atomausstieg lernen und schnellstmöglich mit Wirtschaft, Wissenschaft und Umweltverbänden über einen Fahrplan für den Abbau der Kohleverstromung beraten. »Ein langfristig angelegter Kohlekonsens fördert das Vertrauen in die Energiewende als glaubwürdigen Prozess und schafft Planungssicherheit für alle Akteure«, heißt es in den »10 Thesen zur Zukunft der Kohle bis 2040«. »Ein Kohlekonsens ermöglicht das frühzeitige Abfedern sozialer Folgen für Arbeitnehmer und Verbraucher und leistet einen wichtigen Beitrag zu einer zielgerichteten Ausgestaltung des Strommarktes.« Notwendige regionalpolitische Maßnahmen müssten durch ein »Bundesprogramm Kohlewende« flankiert werden.
In der Frage der CO2-Abgabe beziehen die Umweltexperten klar Stellung für den ursprünglichen Plan von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der beim bevorstehenden Treffen des Koalitionsausschusses am Mittwoch offenbar fallen gelassen werden soll. Der Vorschlag sei »wegweisend und innovativ, weil er auf dem europäischen Emissionshandel aufbaut und den Strukturwandel im Kraftwerkspark fördert«, schreibt der SRU. Vizevorsitzende Karin Holm-Müller von der Universität Bonn hält die vorgebrachten Einwände für überzogen: »Soziale und wirtschaftliche Verwerfungen haben diejenigen zu verantworten, die den unvermeidbaren Strukturwandel hinauszögern und damit Strukturbrüche riskieren.«
Allerdings sei die geplante Emissionsminderung mit 22 Millionen Tonnen CO2 nicht ausreichend, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Bisherige Alternativvorschläge etwa der Gewerkschaft IG BCE seien schlechter, weil sie für eine noch geringere CO2-Einsparung sorgen würden. Außerdem sei mit zusätzlichen Kosten für den Staatshaushalt zu rechnen.
Das gilt auch für den gerade heiß gehandelten Plan B. Demnach sollen acht Kohlekraftwerksblöcke, darunter zwei in Jänschwalde (Brandenburg), in Reserve gehen und nach vier Jahren stillgelegt werden. Deren Betreiber RWE, Vattenfall und Mibrag sollen eine Entschädigung von 300 Euro je Kilowatt Leistung bekommen. Nach »nd«-Informationen kämen insgesamt gut 3,1 Milliarden Euro zusammen, welche die Stromkunden aufbringen müssten.
Umweltschützer lobten die Forderungen des SRU. Die Weichen für einen Strukturwandel in der Lausitz, im Rheinland und in Mitteldeutschland müssten bereits heute gestellt werden, so der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Sascha Müller-Kraenner. »Wer Bürgern vorgaukelt, Kohle in Deutschland habe eine Zukunft, der handelt unverantwortlich und verspielt wertvolle Zeit, die nötig ist, um den betroffenen Regionen eine wirtschaftliche und soziale Per-spektive zu geben.«
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