Auf der Suche nach Rauchsäulen
Bayerns Luftrettungsstaffel besteht aus Ehrenamtlichen - das ist deutschlandweit einmalig
Nicht eine Wolke trübt den strahlend blauen Himmel. Die Sonne brennt heiß auf die Graslandebahn des Hettstadter Flugplatzes (Landkreis Würzburg). Im Schatten sind fast 30 Grad Celsius. Das Freibad ruft. Doch Michael Schäfenacker und Martin Gerbing zieht es stattdessen in die Luft. In etwa 300 bis 450 Meter Höhe suchen sie nach Rauch. Die beiden Männer aus Unterfranken sind Teil der bayerischen Luftrettungsstaffel. Sie wollen Feuer finden, bevor die Flammen unbemerkt ganze Wälder auffressen.
Die weiß-rote Cessna rollt über die Grasbahn des kleinen Flugplatzes. Die Propellermaschine ist betankt, technisch überprüft und glänzt in der Nachmittagssonne. Nach nur wenigen Metern hebt sie ab, und Pilot Schäfenacker nimmt Kurs auf eine festgelegte Route. In den nächsten zwei Stunden werden er und Luftbeobachter Gerbing mehr als 340 Kilometer über das südliche Unterfranken fliegen. Felder, Städte, Dörfer, die Autobahn, der Main, Gewässer und vor allem dichte Waldgebiete - mit geschulten Augen suchen die beiden Männer das Gebiet unter ihnen ab. Luftbeobachter Gerbing markiert auf seinem Mobiltelefon jede auffällige Sichtung. Das muss nicht immer Rauch sein. Auch Verkehrsstau, Unfälle, Überschwemmungen, Schäden nach Stürmen, Ölfilme auf dem Main oder sogar Borkenkäfer-Befall im Spessart würde sich der 41-Jährige notieren.
Die Luftrettungsstaffel (LRS) des Freistaats ist in Deutschland einzigartig. »Katastrophenschutz wird auf Länderebene geregelt und Brandschutz kommunal. Deshalb unterscheiden sich die Konzepte von Bundesland zu Bundesland«, sagt Silvia Darmstädter vom Deutschen Feuerwehrverband. Und während beispielsweise im Osten Deutschlands vorrangig auf Kameraüberwachung gesetzt wird, gibt es in Niedersachsen sowohl einen eigenen Feuerwehr-Flugdienst als auch die optischen Sensoren, die von früh bis abends die Gebiete scannen.
In Bayern stützt sich die Früherkennung dagegen komplett auf die Beobachtung aus einem Flugzeug - und auf Freiwilligkeit. Rund 300 Piloten der regionalen Flugsportvereine fliegen ehrenamtlich die Vereinsmaschinen und suchen gemeinsam mit den etwa 350 Luftbeobachtern nach Bränden. Dafür starten sie von 32 Stützpunkten, die über ganz Bayern verteilt sind. Jederzeit einsatzfähig, sind sie seit den 1970er Jahren fester Bestandteil des Katastrophenschutzes.
»Das ist für uns unentbehrlich«, sagt Alfons Weinzierl, Vorsitzender des bayerischen Feuerwehrverbandes. Dank der LRS seien schon unzählige Brände frühzeitig entdeckt worden. »Das ist für uns gerade in dichten Waldgebieten wichtig - nicht nur wegen des Findens, sondern auch, weil die Piloten uns aus der Luft zum Brandherd führen.«
Die Piloten bekommen für die von der Regierung angeordneten Rundflüge kein Geld. Nur die Flugstunden stellen die Vereine in Rechnung. Eine Flugstunde kostet etwa 180 Euro. »Das System hat sich auch insofern bewährt, als dass es mit Abstand das günstigste ist«, sagt Karl Herrmann, Präsident der Luftrettungsstaffel. Geld ist Schäfenacker und Gerbing indes nicht wichtig. »Ich mache das aus Überzeugung, aus Idealismus«, sagt Gerbing, der Netzwerkadministrator beim Würzburger Landratsamt ist und sich vor acht Jahren freiwillig gemeldet hat. So sieht das auch Schäfen-acker, der sich zudem über kostenlose Flugstunden freut. dpa/nd
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