Der lange Abriss
Erster Erörterungstermin zum Rückbau des AKW Brunsbüttel
Nicht um das Ob, sondern um das Wie wird gerungen: Für den Rückbau des 2011 stillgelegten Atomkraftwerks Brunsbüttel in Schleswig-Holstein steht die nächste wichtige Etappe nach der vom Betreiber Vattenfall gestellten Abrissgenehmigung an. An diesem Montag hat das Kieler Energiewendeministerium zum nicht öffentlichen Erörterungstermin nach Brunsbüttel geladen.
Im Fokus stehen dabei rund 900 Einwendungen. Insbesondere Anti-Atom-Initiativen und der Umweltverband BUND, die ausführlich ihre Bedenken formuliert haben, dürfen sich nun ins behördliche Verfahren einbringen. Die Kritiker befürchten nach den Erfahrungen mit Vattenfall und dem Studium der Antragspapiere, dass der Energiekonzern einen möglichst kostengünstigen Abriss bevorzugt und damit die nach Sicherheitskriterien erforderliche Sorgfalt zur Strahlenminimierung vermissen lässt. Der Appell lautet daher, dass es weder beim Abrisskonzept noch bei der Genehmigung eine »Light«-Version geben dürfe. Da der Verbleib des in Brunsbüttel gelagerten Atommülls weiterhin völlig unklar ist, könnte sich der gesamte Abbauprozess des Siedewasserreaktors noch sehr lange hinziehen - auch eine behördliche Genehmigung würde hierbei nichts bewirken.
Die Atomkraftgegner haben angekündigt, dem für atomrechtliche Angelegenheiten zuständigen Umweltminister Robert Habeck (Grüne), der seinen Besuch beim Erörterungstermin angekündigt hat, einen »gebührenden Empfang« zu bereiten. Für Karsten Hinrichsen von der Initiative »Brokdorf akut« ist klar, dass zwar ein möglichst schneller Rückbau zu begrüßen sei, doch die Entsorgung strahlenverseuchter Restlasten auf Kosten der Umwelt und der Gesundheit von Anwohnern sowie Beschäftigten dürfe nicht bewilligt werden. Notfalls kündigt Hinrichsen juristische Schritte an.
Der AKW-Gegner der ersten Stunde kritisiert insbesondere, dass der Rückbau-Antrag des Betreibers kein Gutachten über die zu erwartende Strahlenbelastung enthält. Auch vermisst Hinrichsen eine belastbare Aufstellung über alle zurzeit vorhandenen radioaktiven Stoffe auf dem AKW-Gelände und über deren genaue Verteilung, also quasi ein radiologisches Kataster. Nur daraus ließe sich ein Gesamtbild über die Größenordnung der anfallenden nuklearen Abfallströme erstellen. Mit Unverständnis reagiert der studierte Meteorologe auch darauf, dass Vattenfall für den Rückbauvorgang eine größere Emission von radioaktiven Gasen und Stäuben über den AKW-Kamin genehmigt bekommen möchte als zuletzt für den Leistungsbetrieb. Und schließlich dürfe auch die Belastung des anfallenden Bauschutts nicht verharmlost werden.
Vattenfall Europe, das in der Vergangenheit wegen seiner schlechten Informationspolitik bei AKW-Pannen in die Kritik geraten war, setzt nun in Sachen Rückbau auf Transparenz. Seit zwei Jahren lädt die hiesige Tochter des schwedischen Staatskonzerns zu Informationsveranstaltungen ein. Vor wenigen Tagen kündigte der Konzern an, die Bevölkerung vor Ort mit einem »Runden Tisch« in den langjährigen Abrissprozess einzubeziehen. Laut Pieter Wasmuth, Geschäftsführer der Kernenergiesparte von Vattenfall Europe, soll die Gesprächsrunde erstmals im Herbst zusammentreten.
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