Bruchlandung vor Gericht

Billigairline Ryanair darf in Dänemark bestreikt werden, wenn sie sich weiter einem Tarifvertrag verweigert

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 2 Min.
Das Dänische Modell, wonach Unternehmen mit den Gewerkschaften Tarifverträge aushandeln müssen, wurde gerichtlich bestätigt.

Ryanair und die dänischen Luftfahrtgewerkschaften sind seit Langem auf Konfrontationskurs. Die kategorische Ablehnung eines von den Gewerkschaften vehement geforderten Rahmentarifvertrages durch die irische Billigfluglinie ließ von vorn herein wenig Platz für Kompromisse. Schon das erste Ryanair-Flugzeug, das am Flughafen von Kopenhagen landete, wurde für mehrere Stunden durch Aktivisten auf der Landebahn blockiert. Dem verbalen Schlagaustausch folgte die Ankündigung von Warnstreiks und Blockaden. Ryanair bezweifelte deren Rechtmäßigkeit und kündigte juristische Schritte einschließlich eventueller Schadenersatzforderungen an.

Um die rechtliche Lage klären zu lassen, wandte sich der Gewerkschaftsbund LO an das dänische Arbeitsgericht. Nach wochenlanger Prüfung entschied dieses in der vergangenen Woche zu Gunsten der Gewerkschaften. Das Urteil löste Jubel bei den Gewerkschaften aus, die sogleich Warnstreiks und Blockaden ankündigten, sobald die gesetzlich festgelegte Friedenszeit abgelaufen ist. In dieser Periode haben die Konfliktpartner nochmals die Möglichkeit, einen beiderseits akzeptablen Kompromiss zu erzielen.

Ryanair-Chef Michael O’Leary bezeichnete hingegen den Gerichtsbeschluss als bizarr und nicht akzeptabel für sein Unternehmen. Bereits im Vorfeld hatte er das sogenannte Dänische Modell, laut dem Unternehmen mit den Gewerkschaften einen Tarifvertrag aushandeln müssen, als veraltet und obskur bezeichnet.

So war es auch keine große Überraschung, dass Ryanair nur zwei Tage nach dem Urteil ankündigte, die Kopenhagener Basis schnellstmöglich zu schließen. »Gut bezahlte Jobs verschwinden aus Dänemark, aber Ryanair erwartet dafür weitaus bessere Bedingungen in Litauen«, drohte O’Leary bei der Verkündung der Entscheidung. Er war dafür eigens nach Dänemark gereist. Auch blies Ryanair eine gerade erst begonnene große Werbekampagne in Dänemark ab.

Wie gut bezahlt die Arbeit der Piloten und des Kabinenpersonals wirklich ist, bleibt jedoch Ryanairs Geheimnis. Der Billigflieger hatte sich bisher geweigert, Grundmodelle seiner Arbeitsverträge zu veröffentlichen. Die klagenden Gewerkschaften machten indes öffentlich, dass es zu den Arbeitsbedingungen bei Ryanair und anderen Billigairlines gehört, das Personal selbst für seine Uniformen und ID-Karten bezahlen zu lassen. Auch müsse es damit rechnen, das ihr Arbeitsland nach sehr kurzer Ankündigung geändert werde.

Den Gewerkschaften ging es vor Gericht um weit mehr als diese spezielle Tarifauseinandersetzung. Da sie auch weiterhin die wichtigste Kraft auf Seiten der Beschäftigten beim Aushandeln von Arbeitsbedingungen sein wollen, war ein Zurückweichen vor Ryanair keine Option. Dies machte sich jetzt bezahlt.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -