Nach Minsk-2 ist vor Minsk-1
Klaus Joachim Herrmann über eine missratene Vertragserfüllung
Alle Welt hatte auf Minsk-2 zur Lösung der ukrainischen Krise gehofft und gesetzt. Es war ja hart genug verhandelt worden und auch nichts anderes da. Doch wie der Waffenstillstand, so missrät auch die Erfüllung des politischen Teils der Abmachungen gründlich. Diese Konfrontation kommt nicht aus Moskau, sondern von der ukrainischen Zentralmacht und den Separatisten in der Ostukraine.
Kiew liefert mit präsidialer Schubkraft einen Entwurf der Verfassungsreform, der mit Abmachungen über eine gewisse Selbstständigkeit der Donbass-Republiken - ausdrücklich »kompromisslos« - nichts zu tun hat. Es wird nur vage die »Möglichkeit eines spezifischen Modus der Selbstverwaltung« eingeräumt. Solcherlei inhaltliche und zeitliche Unbestimmtheit kontert die Donezker Führung mit der Ankündigung, eine Sonder-Selbstverwaltung und örtliche Wahlen am 18. Oktober nach Kiewer Regeln vorzubereiten. Was hier von beiden unter Berufung auf Minsk-2 geboten wird, trifft auf die heftige Gegenwehr des jeweils anderen.
Die Schuldigen wurden von beiden Seiten beim Widerpart ausgemacht. In gewohnter Schärfe fordert der ukrainische Präsident vom Westen die Bestrafung Russlands für alles. Es gibt offenbar keinen Frieden, denn er ist nicht gewollt. Nach Minsk-2 ist immer noch vor Minsk-1.
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