Meißen wollte nur Rassisten-Marsch zulassen
Tatverdächtige in Hoyerswerda ermittelt / Protestforscher: Pegida bei künftigen Wahlen ohne Chancen
Die Proteste gegen Flüchtlinge in Sachsen gehen weiter. Für Samstag kündigte die »Initiative Heimatschutz« einen Aufmarsch in Meißen an. Vor zwei Wochen war in Meißen eine noch unbewohnte Flüchtlingsunterkunft bei einem nächtlichen Brandanschlag vollständig zerstört worden. Am Abend zuvor hatte die »Heimatschutz«-Initiative ebenfalls zu Aktionen gegen Asylsuchende aufgerufen. Eine Anmeldung zu den Gegenprotesten wollten Stadtvertreter Freitag erst nicht entgegennehmen. Personen des Bündnis »Buntes Meißen« seien beim Versuch, eine Gegenkundgebung anzumelden, mit den Worten - »dann kommen ja die ganzen schwarzen Vermummten« abgewiesen worden, berichtete Andreas Bärisch (Piraten) gegenüber »nd«. Das Bündnis lädt nun für Samstag zu einem Fest gemeinsam mit Asylsuchenden auf den Meißner Elbwiesen ein und konnte dieses auch anmelden. Noch am Donnerstag hatte Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) im Landtag von Rassismus als »Schande« gesprochen und zum Widerstand aufgerufen.
Der Landkreis Meißen gilt im Umgang mit Flüchtlingen als besonderes streng. Seit Mai wird in Kooperation der örtlichen Behören mit dem Innenministerium ein »Pilotprojekt Rückführung« geplant. In diesem soll die Zusammenarbeit der Behörden zur schnelleren Abschiebung von abgelehnten Asylsuchenden optimiert werden.
Zum Brandanschlag auf die Asylunterkunft in Meißen, wo 35 Flüchtlinge untergebracht werden sollten, laufen die Ermittlungen nach Angaben des Operativen Abwehrzentrums zur Extremismusbekämpfung (OAZ) noch. Rund fünf Wochen nach einem versuchten Brandanschlag im sächsischen Hoyerswerda konnte die Polizei unterdessen drei Tatverdächtige ermitteln. Nach Angaben des OAZ stehen drei Männer im Alter von 19, 20 und 25 Jahren unter Tatverdacht. Die Beschuldigten gaben ein rassistisches Motiv für ihre Tat an.
Zwei von ihnen waren bereits schon vorher durch rechtsmotivierte Straftaten aufgefallen. Anfang Juni wurde ein Molotowcocktail auf die Asylunterkunft in Hoyerswerda geworfen. Dieser entzündete sich jedoch nur auf dem Boden vor dem Heim. Die drei Männer müssen sich nun wegen versuchter Brandstiftung und Androhung von Straftaten verantworten.
Auch in Berlin ermittelt die Polizei im Zuge von rassistischen Protesten gegen einen 47-jährigen Waffenbesitzer. Am Dienstag wurden im Umfeld der neu errichteten Notunterkünfte in Marzahn-Hellersdorf »fünf scharfe Pistolenpatronen« gefunden. Auch hier vermutet die Polizei einen fremdenfeindlichen Hintergrund. In Berlin werden aktuell zahlreiche Containerbauten als Notunterkünfte eingerichtet. In der Einrichtung in Marzahn-Hellersdorf sollen bis zu 400 Flüchtlinge aus Krisen- und Bürgerkriegsgebieten untergebracht werden.
Die rassistisch motivierte Pegida-Bewegung wird nach Einschätzung von Berliner Protestforschern wenig Erfolg bei Landtagswahlen haben. Zwar werde Pegida versuchen, mit eigenen Kandidaten »als Bürgerbewegung einen in der Gesamtbevölkerung weit verbreiteten Anti-Parteien-Affekt zu nutzen«, jedoch müsse sie sich im Wahlkampf wie eine Quasi-Partei verhalten. Damit stehe Pegida letztlich in Konkurrenz zur AfD und NPD, sagte der Protestforscher Dieter Rucht im Interview mit der Nachrichtenagentur epd. Rucht geht davon aus, dass die Gruppe derer, die Pegida als »eine Ansammlung besorgter Normalbürger« versteht, im Wahlkampf noch weiter abnehmen werde. Nach Ruchts Überzeugung wird Pegida deshalb nur in Regionen viele Wähler gewinnen können, wo AfD und NPD schwach aufgestellt sind. Proteste gegen Asylunterkünfte könnten Pegida möglicherweise einen »örtlich begrenzten Zulauf« verschaffen, »aber solche Proteste werden sich kaum in der Fläche ganzer Bundesländer auswirken«.
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