Geschäfte mit Rechten?
Eine geplante Flüchtlingsunterkunft im Landkreis Meißen soll einer rechtspopulistischen Vereinigung gehören
Das leerstehende Haus in der Königstraße im sächsischen Lommatzsch wirkt unscheinbar. Renoviert, kein heruntergekommenes Gebäude, für den Einzug möglicher neuer Mieter hergerichtet. Neue Bewohner sollen hier bald einziehen, der Landkreis Meißen will hier bald sieben Flüchtlinge unterbringen. Wie Recherchen der Sächsischen Zeitung nun allerdings ergaben, hat das zuständige Landratsamt offenbar einen Vertrag über die Nutzung des Hauses mit der Rechtspopulisten nahestehenden Vereinigung »Eigentümer Ost« geschlossen.
Dessen Präsident Lars Seidensticker ist gleichzeitig Generalsekretär der rechtspopulistischen selbsternannten Bürgerbewegung »Pro Deutschland«, die in der Vergangenheit vor allem mit Provokationen gegenüber Muslimen und islamophoben Protesten in Erscheinung trat, 2011 tauchte sie zu ihren Hochzeiten im Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen auf. Pikant ist ebenfalls: Sowohl »Pro Deutschland« als auch der »Eigentümerverband Ost« geben jeweils im Impressum ihrer Websiten die gleiche Berliner Adresse an.
Gegenüber der »SZ« bestätigte eine Sprecherin des Landkreises, dass es einen entsprechenden Vertrag gibt. Bisher soll das Haus einer 74-Jährigen Rentnerin gehört haben, seit dem 15. April liege jedoch ein so genannter Auflassungsvermerk vor, mit dem verhindert wird, dass der bisherige Eigentümer die Immobilie ein zweites Mal verkauft, bevor der neue Besitzer im Grundbuch eingetragen ist.
Doch warum kam der Vertrag über eine Nutzung als Asylunterkunft überhaupt zustande? »Wir machen bei Mietverträgen keine Gesinnungsprüfung«, erklärt die Sprecherin des Landratsamtes. Allerdings hätte eine kurze Recherchen über den »Eigentümerverband Ost« auf dessen Website schnell ergeben, dass der Verein enge Beziehungen zum rechten Spektrum pflegt. So heißt es etwa über einen aktuellen Eintrag »Selbstaufgabe: Sudetendeutsche verzichten auf ihr Recht auf Heimat!«, in einen weiteren Beitrag vom 15. Februar 2015 wird für eine Petition geworben, die »Gerechtigkeit für Vertriebene« fordert.
Auch im Bundestag ist der Verein nicht unbekannt. Bereits im Dezember 2012 stellte die Linksfraktion eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung, inwieweit der »Eigentümerbund Ost« die deutsch-polnische Beziehungen belaste, in der Sie den Verein in die Nähe von »deutschen Revisionisten« und »extremen Rechten« stellte.
Gegenüber dem Tagesspiegel äußerte sich die sächsische Landtagsabgeordnete und flüchtlingspolitische Sprecherin der LINKEN, Juliane Nagel, schockiert über die unkritische Haltung des Landkreises Meißen: »Das geht gar nicht. Niemand darf in die Verantwortung genommen werden, der rassistisch oder fremdenfeindlich ist«, so die Linken-Politikerin. Derartige Zusammenhänge könnten sich »sehr leicht negativ« auf die in Lommatsch unterzubringenden Flüchtlinge auswirken.
Seidensticker erklärt auf Nachfrage der »SZ«, er wolle nicht mehr mit »Pro Deutschland« in Verbindung gebracht werden. Die Webseite listet ihn allerdings weiterhin (Stand: 14.07) als Generalsekretär der Vereinigung auf. Dies räumte auch Seidensticker auf Nachfrage der Regionalzeitung ein, erklärte allerdings, auf dem kommenden Parteitag nicht mehr antreten zu wollen.
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